Bewerber mit Migrationshintergrund für Lehrstellen in der Verwaltung mit Kampagne gesucht: “Wir sind Hamburg - bist du dabei?“

Harburg. Sabrina Prokop von der Einstellungsstelle der Hamburger Polizei rückt ihre Uniform zurecht. Denn schließlich will die junge Blondine Vorbild sein für Jugendliche und junge Erwachsene, die sich für eine Ausbildung bei den Ordnungshütern interessieren. Gemeinsam mit Vertretern aus verschiedenen Sachgebieten in Hamburger Behörden sowie der Harburger Bezirksverwaltung ist sie in die Aula der Stadtteilschule Neugraben an der Straße Neumoorstück gekommen, um zu berichten, wie ein erfolgreicher Berufsstart in Ämtern und Behörden aussieht und welche Fähigkeiten geeignete Kandidaten mitbringen müssen.

Auch Bezirksamtsleiter Thomas Völsch ist dabei, um gerade Bewerbern mit Migrationshintergrund eine Lehrstelle in Amtsstuben schmackhaft zu machen. "Ich bin seit 34 Jahren dabei. Man muss schon eine Affinität für das Gesellschaftsgefüge haben, darf unter Umständen das Rampenlicht nicht scheuen und muss offen auf die Menschen zugehen können", sagt Völsch.

+++ Noch 4600 freie Lehrstellen warten auf Bewerber +++

Die Ausbildungskampagne der Hamburger Verwaltung "Wir sind Hamburg - bist du dabei?" läuft schon seit einigen Jahren. Hamburg braucht dringend Nachwuchskräfte, die unter anderem in den Einwohnermeldeämtern Anträge bearbeiten, als Polizisten Streife laufen oder in Schulsekretariaten Lehrer unterstützen. "Bis 2027 scheidet etwa die Hälfte der Verwaltungsmitarbeiter aus dem aktiven Dienst aus, sei es, aufgrund von Pensionierung oder aus anderen Gründen. Der Wettbewerb um qualifizierte Kandidaten wird hart", sagt Völsch. Der Fachkräftemangel droht also auch bei der Verwaltung. Bekommen Bewerber nun bald goldene Uhren ausgehändigt, wenn sie sich zur Vertragsunterzeichnung entscheiden? "Es wird schon nicht so leicht sein, junge Leute zu rekrutieren", sagt der Bezirksamtsleiter. Auch deswegen sind Hamburger mit Migrationshintergrund gefragt. "Mehr als ein Drittel der Schüler in der Hansestadt haben ausländische Wurzeln. Nicht nur in Harburg leben viele Männer und Frauen aus verschiedenen Nationen", sagt Völsch. Diese kulturelle Vielfalt solle sich auch in der Mitarbeiterschaft widerspiegeln. Und: "Mehrsprachigkeit und Erfahrungen aus anderen Kulturkreisen sind hilfreich bei Kundengesprächen." Für eine Karriere im Amt sprechen die Arbeitsplatzsicherheit und die Vielfalt der Aufgabenbereiche.

Das reizt auch Faina Littau, 22. Vor vier Jahren ist sie aus Nowosibirsk in Russland mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen. In Sachen Integration ist sie eine Vorzeigekandidatin. Schnell gelang ihr der Realschulabschluss, daran schloss sich eine Lehre als Einzelhandelskauffrau an. "Ich bin sehr ehrgeizig, und eine Bürotätigkeit bei der Verwaltung würde mir schon gefallen", sagt sie in fast akzentfreiem Deutsch. Das hört Polizistenausbilderin Prokop gerne. "Der Wille zur Leistung ist entscheidend - und auch die soziale Kompetenz", sagt sie. So, wie Polizeimeisteranwärterin Irina Schlender, die Prokop nach Neugraben begleitet hat. Aus Georgien, von der Schwarzmeerküste stammt sie, seit zehn Jahren lebt sie in Mümmelmannsberg. Bei der Polizei gefällt es ihr sehr gut. "Auf den Einstellungstest muss man sich schon vorbereiten, aber wer wirklich bei uns arbeiten will, der schafft das schon", sagt sie.

Andreas Schmidt, 17, und Andreas Kammerzell, 18, wissen noch nicht so recht, ob der Polizeiberuf das Richtige für sie ist. Andreas Kammerzell hat seinen Vater Andrej mitgebracht. Während die Jugendlichen lässig in ihren XXL-Jeans, bunten Sportschuhen und mit weißen Baseballcaps durch die Aula schlendern, hat Vater Kammerzell - korrekt in Anzug und Krawatte - Infomaterial eingesammelt. "Die Jungs sollen schon das Gefühl haben, dass das hier eine ernste Sache ist. Es gibt so viele arbeitslose junge Menschen - mein Sohn und sein Freund sollen nicht dazugehören."

Neben ihm steht Ertugal Sultan, 24. Sie ist Erzieherin und eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Beruf. "Aber man weiß ja nicht, wie es mal kommt. Ich höre mir mal an, was bei der Behörde so geboten wird." Sie stellt sich Bürodienst als recht langweilig vor und kann es sich deshalb nicht vorstellen, etwa Finanzbeamtin zu werden.

"Das stimmt nicht, denn man hat gerade im Finanzamt eine wichtige Aufgabe. Ohne Steuergelder würde im Land nichts mehr laufen", sagt Wanja Wiebers, die im Finanzamt Hamburg-Oberalster ausgebildet wird und über ihr Aufgabenfeld berichtet.

"Da müssen Vorurteile bei den jungen Leuten abgebaut werden. Und dann sind da ja auch noch diese blöden Beamtenwitze", sagt Völsch. Deshalb seien Humor und die Fähigkeit, auch mal über sich selbst schmunzeln zu können, Voraussetzungen, die die Kandidaten ebenfalls mitbringen sollten, so der Bezirksamtsleiter.