Einlaufen zum Hafengeburtstag auf der Queen Mary 2. Abendblatt-Autorin Johanna R. Wöhlke war an Bord und schildert ihre Eindrücke

Hamburg. Es ist das Ziel meiner Reise und nicht mehr weit. Hamburg. Nur noch eben schnell da vorne rechts - also steuerbord - um die Ecke rum, eine große Ecke, genauer gesagt eine riesige Kurve - und dann sind wir in der Elbmündung, in der Elbe und ich in etwa sechs Stunden wieder zu Hause.

Nicht nur die "Kurve" ist riesig. Das Schiff, auf dem ich auf dem Balkon vor unserer Kabine auf Deck 12 backbord stehe, ist es auch: die Queen Mary 2. Sie ist mehr als ein Schiff, sie ist ein "Ocean Liner", eine Schiffsgattung also, von der geschrieben wird, dass ihre bedeutende Zeit schon lange vorbei sei und in die Zeit reicht, als es noch keine Flugzeuge gab und lange Distanzen von Kontinent zu Kontinent nur auf dem Meer zurückgelegt werden konnten: Europa - Amerika, das ging nur mit dem Schiff. Das ist Schifffahrtsgeschichte, zu der auch der Untergang der Titanic gehört. Vor wenigen Tagen haben wir, aus New York kommend, wenige Seemeilen entfernt die Stelle passiert, an der sie unterging. Meine erste Atlantik-Überquerung geht also ihrem Ende entgegen: zehn Tage Reise bis Hamburg, davon sechs auf hoher See bei fast immer Windstärke 8 und Wellengang um die fünf Meter. Das alles hat diesem Schiff nichts ausgemacht.

Nun also die Elbe, die Elbe entlang mit der Queen Mary 2. Alle an Bord freuen sich auf Hamburg, auf den gigantischen Empfang für die Queen, dieses über alle Maßen begeisterte Hamburg und sein Empfang für dieses Schiff, das als Flaggschiff der britischen Reederei Cunard Line zu den berühmtesten Schiffen der Welt gehört und mit 345 Metern Länge das drittlängste Passagierschiff der Welt ist. Schwarz, weiß, rot, elegant und schnittig - so hat dieses Schiff die Herzen der Hamburger und ihrer Gäste erobert. Wird es auch dieses Mal so sein?

Am Abend zuvor hatte Unterhaltungschef Ray Rouse am Ende der letzten Show an Bord mit bewegenden Worten auf dieses Hamburg eingestimmt. Hamburg, die heimliche Hauptstadt der Queen, das werde ein fantastischer Tag werden, an dem sich alle die Zeit nehmen sollten an Deck zu sein, zu genießen und sich begeistern zu lassen.

Hamburg scheint sich herausputzen zu wollen, denn sie Sonne strahlt an diesem Morgen. Das war während der Überfahrt nicht immer so. Da ist sie, die Elbmündung, und die ruhig dahin fließende Elbe. Fast scheint das Schiff zu stehen. Der Helgoland Katamaran kommt uns entgegen und wühlt das Wasser auf. Alles bleibt ruhig bis zur Höhe von Stade. Die ersten kleinen Segelschiffe nähern sich der Queen, um sie zu begleiten. Der Hamburger Jachthafen in Wedel gleitet vorüber und wieder schließen sich kleinere Boote an. Einige von ihnen warten auf die kleinen Wellen der Queen, um sie zu schneiden und ordentlich durchgeschaukelt zu werden.

Am Ufer sind nun immer mehr Menschen wahrzunehmen. In Schulau können wir die berühmte Schiffsbegrüßungszeremonie kaum verstehen, denn ein Kleinflugzeug macht sich offensichtlich einen Spaß daraus, die Queen eine Weile in der Luft zu begleiten und fliegt in großen Bögen über dem Schiff hin und her.

Aber schon dort stehen die Menschen dicht bis an das Ufer, winken und rufen. Immer voller wird es auf dem Fluss und am Ufer. Wir passieren das Kraftwerk Wedel, Falkenstein und Wittenbergen, Blankenese. Dort zeigt sich Hamburg von seiner eleganten Seite. Die ersten größeren Segler kommen uns entgegen, zum Teil voll besetzt mit Menschen, Winken und Rufen auf beiden Seiten. Ich traue mich von ganz oben ein lautes "Hummel, Hummel" in die Weite zu rufen und erhalte ein vielfaches und lautes "Mors, Mors" zurück. Das ist Hamburg!

Nicht nur an Bord werden die weißen Handtücher aus den Kabinen geholt, um damit zu winken. An Land haben sich die Wartenden auch mit allerlei Tüchern ausgestattet und das Nobelhotel Louis C. Jacob schießt auf diesem Feld den Vogel ab: Aus allen Fenstern und von der berühmten Lindenterrasse aus wird mit riesigen weißen Tischtüchern gewinkt - oder sind es Betttücher? Egal - wir gleiten weiter und ich sehe die Mannschaft auf der Brücke begeistert gestikulieren. Ein riesiges Containerschiff kommt uns entgegen. Der Raddampfer "Freya" hat heute seine Jazzbrunchfahrt offensichtlich voll ausgebucht, als wir ihm auf der Höhe des Seegerichtshofes begegnen. Schiffchen um Schiffchen, Segler um Segler kommen uns entgegen und schließen hinter der Queen wieder auf, um sie in den Hafen zu begleiten. Natürlich darf das Schiffshorn nicht fehlen. Zur Begeisterung aller ertönt immer wieder von den kleinen Schiffen ein gegen die gewaltigen Bässe der Queen zaghaft klingendes Tuten, das mit fröhlichem Lachen und Rufen beantwortet wird. Wie hellhörig es auf dem Fluss doch ist!

Die Bugsierer des Wasserballetts machen Welle für die kleineren Schiffe, ELBE 1 passiert uns, die auslaufende AIDA sol erscheint neben der Brücke der Queen - und Hunderte ihrer Passagiere stehen an Deck und winken und rufen. Die kleine "Wilhelmsburg" erinnert mich an meinen Weg nach Hause, der nachher über die Elbbrücken führen wird und: Nun beginnt es, mir die Sprache zu verschlagen. Menschen, Menschen, Menschen soweit es freie Stellen am Fluss gibt säumen das Ufer an der Backbordseite. Vom Ufer her ertönt laut die englische Nationalhymne. Zweimal vernehme ich laut und deutlich, dass jemand meinen Namen ruft. "Johanna, Johanna!" Bin ich gemeint, haben sich Freunde auf den Weg gemacht, um auch mich zu begrüßen? Aber nein, es gibt viele Johannas auf der Welt und sicher auch auf diesem riesigen Schiff.

Wir fahren an der AIDA blu vorbei, am Fischmarktanleger, den Dampfern der Hafenrundfahrten, dem Schaufelraddampfer Louisiana Star, der Cap San Diego, zwei Fregatten, die Elbphilharmonie in Augenhöhe und immer mehr Menschen winken, rufen oder schauen einfach nur, schauen auf dieses majestätische Schiff, das sich nun bereit macht anzulegen. Ein Menschenmeer erwartet die Königin.

Dazu muss Captain Kevin Oprey sein Schiff aber erst einmal drehen. Die Menschen schauen gespannt zu. Es ist nicht viel Platz. Es scheint, als drehe sich ein Riese in einer viel zu kleinen Badewanne. Sachte und kaum wahrnehmbar vollzieht die Queen dieses Manöver und ich kann nun bis zu den Elbbrücken schauen und erblicke inmitten der Kräne des Containerhafens die Kirchturmspitze von Altenwerder, fast zu Hause.

Die Queen hat angelegt und die Nase wieder elbabwärts. Die Passagiere können nun langsam das Schiff verlassen. Jetzt kommt das "Meer" von Koffern, Autos und Taxen, in dem es sich nicht so elegant gleiten lässt! Hinter der Queen liegt die "Deutschland", das allen bekannte Fernseh-"Traumschiff". Ich werde noch lange von dieser Fahrt träumen! Die Hamburger und ihre Gäste haben wieder einmal bewiesen, dass Fröhlichkeit, Spontaneität und Herzlichkeit für sie keine Fremdwörter sind. Es sollen 2,1 Millionen gewesen sein, die da auf die Queen gewartet haben, und ich weiß jetzt, wie das von Bord aussieht und werde es nie vergessen.