Modernisierung wird viel teurer: Der Bezirk hat mit 350 000 Euro gerechnet, doch Baufirmen verlangen das Doppelte dieser Summe.

Harburg. Es sollte alles so schön werden: Immer wieder wurde über die Modernisierung des Gloria-Tunnels zwischen Lüneburger Straße und Seeve-Passage diskutiert. Wie berichtet, soll der Umbau bald beginnen. Aber die Kosten explodieren. Ging die Verwaltung zunächst davon aus, dass für etwa 150 000 Euro unter anderem ein neues Beleuchtungskonzept, Ladenflächen mit Metall-Glaskonstruktionen, begrünte Wände und der Abriss der Betonbrüstung zu haben sei, summierten sich die Kosten bald auf 350 000 Euro.

Nun ist die Ausschreibungsfrist abgelaufen. In den eingereichten Angeboten wird mit bis zu 800 000 Euro kalkuliert. Die einzelnen Posten weichen teilweise erheblich von den Schätzungen der Bauabteilung des Bezirksamtes ab. So wurde für die Errichtung von Vor- und Zwischenwänden am geplanten WC-Bereich von Amts wegen eine Summe von 8000 Euro vorgesehen. Die Bauunternehmen erbrachten dafür Kostenvoranschläge in Höhe von etwa 164 000 Euro. In einem dem Abendblatt vorliegenden Papier aus dem vertraulichen Teil einer Sitzung heißt es dazu: "Zum Zeitpunkt der Kostenschätzung wurde von einer einfachen Vorwand mit einer Tür ausgegangen. Die enorme Kostensteigerung basiert vor allem auf den umfangreichen technischen Eigenschaften und komplexen Ausführungsdetails." Und so geht es weiter. Für den Ausbau der Toilettenanlage veranschlagten die Beamten etwa 24 000 Euro. Dem gegenüber steht eine Summe in Höhe von 69 800 Euro. Der Grund: "Die Kostensteigerung resultiert zum Teil aus der technisch aufwendigeren Ausführung der Sanitäranlagen einschließlich Hebanlagen und der Ergänzung mit Drainrinnen und Einläufen", so aus den Informationen der Maßnahmenliste. Auch das Zuschütten des Treppenabgangs auf der Nordseite des Tunnels hatte sich der Bezirk billiger vorgestellt. Er ging von etwa 3500 Euro für die Bauarbeiten aus, hatte dabei aber offenbar wichtige Sicherheitsvorschriften nicht beachtet. Deshalb ergeben sich Kosten von 28 688,34 Euro. Die Verfüllung, so heißt es, müsse auch schwere Lkw aushalten.

+++Gloria-Tunnel soll sicherer und attraktiver werden+++

Die SPD-Mehrheitsfraktion ist schockiert. "Da musste ich erst mal tief Luft holen. Ich denke, die Baufirmen sind zu gut ausgelastet und stellen überhöhte Forderungen", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath. Die Sozialdemokraten plädieren dafür, mit einer deutlich abgespeckten Version loszulegen. Nach Abendblatt-Informationen sollen schon mal die eingestellten 350 000 Euro verbaut werden.

Das heißt: erst mal keine Toilette, aber auf jeden Fall die Metall-Glasfassade für 100 000 Euro. Außerdem wird die Grundbeleuchtung für 80 000 Euro erneuert. Ebenfalls dabei sind Sanierungsarbeiten wie unter anderem die Verbreiterung der Rampen und Treppen sowie die Instandsetzung von Boden und Decke.

"Da hat sich wohl jemand im Baudezernat kräftig verschätzt", sagt der Harburger Architekt Udo Stein, der auch Vorstandmitglied der Aktionsgemeinschaft ist. Er hält die Kostenübersicht der Baufirmen für realistisch. Seine Forderung: "Vor diesem Hintergrund sollte der Tunnel zugeschüttet werden. Die Unterführung für diese gigantische Summe zu sanieren halte ich für falsch. Stattdessen kann man einen schönen Platz mit Springbrunnen bauen."

Für die radikale Lösung ist auch Kay Wolkau, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen: "Bei einer solchen Kostenexplosion drängt sich ein Zuschütten des Tunnels geradezu auf. Kleinere Verschönerungsaktionen, wie jetzt von der SPD aus Kostengründen angedacht, sind nicht nachhaltig." Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Ralf Dieter Fischer sind die Planungen der Verwaltung "ein gewaltiges Gemurkse. Da muss man Fachleute ransetzen, das ist offenbar nicht geschehen." Die Verwaltung habe es zudem versäumt, bei Investor Hans-Dieter Lindberg und seinem Harburg-Center abzuklären, ob er mit den Renovierungsmaßnahmen einverstanden ist. Denn zum Center gehören Tunnelflächen.

Nichtsdestotrotz ist der CDU-Chef für den Ausbau des Tunnels, auch, wenn die Kosten sich mehr als verdoppelt haben. "Wir wollen die Realisierung dieses Konzepts, keine halben Sachen."

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Carsten Schuster ist dafür, den Sanierungsfonds 2020 des Senats anzuzapfen. Außerdem solle die Verwaltung prüfen, weshalb man sich "so grob verkalkuliert hat".

Die Verwaltung war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.