Der Betrieb der Einrichtung in Neugraben ist für diese Saison gesichert. Die Verwaltung arbeitet derzeit an einer langfristigen Lösung.

Neugraben. Die Freibadsaison in Neugraben ist eröffnet - gegen Mittag gab Bezirksamtsleiter Thomas Völsch gestern das Becken frei. Und zwanzig Neugrabener Kinder stürmten begeistert ins Wasser.

Gudrun Stefaniak, Leiterin der Beschäftigungsgesellschaft Passage, die das Schwimmbad an der Neuwiedenthaler Straße betreibt, schaut ihnen mit gemischten Gefühlen zu. "Könnte sein, dass wir zum letzten Mal unsere Tore geöffnet haben", sagt sie. Denn wie berichtet, wurde es schon in diesem Jahr mit der Finanzierung knapp. Um den Betrieb der Einrichtung zu garantieren, mussten andere Projekte im Bezirk zurückgestellt werden. "Außerdem ist es so, dass wir heutzutage nicht nur einen Geldgeber brauchen, sondern am besten gleich vier Möglichkeiten in petto haben müssen", sagt Sozialdezernent Holger Stuhlmann.

Dieses Jahr konnte sich der Bezirk noch mit Finanzen aus dem RISE-Topf - Rahmenzuweisungen für integrierte Stadtteilentwicklung - behelfen. "Das ist nun wohl die letzte Saison mit RISE", sagt Stefaniak. Das sei bedauerlich, denn dank dieses Geldes finden außer den vier fest angestellten Mitarbeitern auch 25 Langzeitarbeitslose eine neue Perspektive. Die Passage-Beschäftigungsgesellschaft bietet ihnen Ausbildungsplätze zum Rettungsschwimmer und Arbeitsgelegenheiten.

"Die Leute lieben ihren Job hier. Außerdem bietet der Rettungsschwimmer-Lehrgang viele Chancen, denn dieser Beruf ist in den Bädern deutschlandweit sehr gefragt", sagt Stefaniak. Sie wünscht sich eine nachhaltige Perspektive für das Neugrabener Bad. "Die Einrichtung ist so wichtig für die Menschen im Stadtteil. Hier leben viele Familien, die in den Sommerferien nicht verreisen können. Die verbringen ihren Urlaub dann bei uns."

Rund um das Freibad seien sieben Kindergärten ansässig, sagt die Passage-Chefin. "Die Jungen und Mädchen kommen bei schönem Wetter mit den Erziehern auch zu uns, damit die Kleinen erste Erfahrungen mit dem kühlen Nass machen können - eine wichtige Erfahrung, um schnell schwimmen zulernen. Das ist in einer Gegend mit vielen Menschen in prekären Lebensverhältnissen nicht selbstverständlich", sagt Stefaniak. Wenn ein Schwimmbad eine gesellschaftliche Bedeutung - in sozialer sowie integrativer Hinsicht - in einem Stadtteil habe, dann hier in Neuwiedenthal und Neugraben. Es sei ein Trauerspiel, das man sich seit 23 Jahren immer wieder aufs Neue um Geldgeber bemühen müsse.

Für den Betrieb sind 150 000 Euro notwendig - kein Pappenstiel. "Und deshalb ist für mich nach der Saison auch schon wieder vor der Saison", sagt Thomas Völsch. Die Verwaltung arbeite an einer dauerhaften Lösung, die den Betrieb für einen Zeitraum von drei bis vier Jahren sichern würde. "Ich habe allerdings noch keine Idee, wie wir das hinkriegen", räumt Völsch ein. Eine weitere Schwierigkeit sei, dass sich Schwimmbäder nie kostendeckend finanzieren ließen. "Selbst die Hamburger Bäderland-Gesellschaft, die einige sehr gut besuchte Spaßbäder am Laufen hält, erreicht lediglich eine Quote von etwa 60 bis 70 Prozent", sagt der Bezirksamtsleiter.

Indes gibt es eine Chance: "In diesen Tagen entscheidet der Senat, ob der benachbarte Stadtteil Neuwiedenthal ins RISE-Gebiet aufgenommen wird. Das würde bedeuten, dass auch das Freibad Neugraben in den Genuss von Fördermitteln kommen könnte, die längerfristig gewährt werden. Mal sehen, wie die Bürgerschaft entscheidet", sagt Kai Wolkau, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bezirksversammlung.

Davon weiß zumindest die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Birgitta Schulz aus Hausbruch, die zur Freibaderöffnung gekommen ist, noch nichts. Sie habe sich jedoch bei der Verteilung der sogenannten Tronc-Mittel für die Schwimmstätte eingesetzt. Dieses Geld, das für gemeinnützige Zwecke ausgegeben wird, wird aus der Tronc-Abgabe gespeist. Die Tronc-Abgabe ist die Bezeichnung für eine steuerliche Einnahme von den Spielbanken.

"Das Geld darf für Sachspenden ausgegeben werden. Wir haben 4350 Euro für einen dringend benötigten Unterstand auf diesem Gelände erhalten", sagt Schulz. Sie weiß indes, dass diese Gabe nur einem Tropfen auf dem heißen Stein gleichkommt.

Der zehn Jahre alten Celine und ihren Freunden Joshua, Jamie und Jason sind diese Diskussionen völlig egal. Bei 20 Grad Wassertemperatur springen sie am ersten Freibadtag mit Anlauf ins Becken. "Es ist einfach toll hier", sagt das Mädchen.

Bis zum 31. August hat das Freibad Neugraben täglich jeweils von 10 Uhr an bis 19 Uhr geöffnet. Tageskarten kosten für Erwachsene 2.50 Euro, Kinder zahlen 1,20 Euro.