Das Schloss Agathenburg zeigt in einer neuen Ausstellung die Geschichte der Familie, die das Haus einst bauen ließ

Agathenburg. Betrug, geheime Affären, Mord - die Geschichte der barocken Grafenfamilie von Königsmarck ist so dramatisch und spannend, dass sie sich wohl selbst Goethe nicht besser hätte ausdenken können. Die Kulturstiftung Schloss Agathenburg widmet den von Königsmarcks, die über drei Generationen im Schloss Agathenburg lebten, nun eine historische Dauerausstellung.

Ohne jene einflussreiche, mit dem europäischen Hochadel eng vernetzte Familie hätte Agathenburg nämlich gar kein Schloss. Hans Christoph von Königsmark war es, der es 1652 erbauen ließ. "Im Grunde war er ein einfacher Feldherr ohne großen Bildungshintergrund", erklärt Bettina Roggmann, Vorsitzende der Kulturstiftung. Doch nachdem er während des 30-jährigen Krieges auf schwedischer Seite gekämpft und wesentlich zum Erfolg des schwedischen Königreichs beigetragen hat, wurde er von der schwedischen Königin zum Gouverneur, schwedischen Grafen, Reichsrat und Feldmarschall ernannt. Seine Plünderungen nach der Einnahme der Prager Kleinseite 1648 machten ihn außerdem zu einem der reichsten Männer Europas.

Nachdem die Besucher das Schloss Agathenburg durch den mit Efeu bewachsenen Eingang betreten haben, tauchen sie im Keller des Schlosses direkt in jene Epoche ein. Nicht nur die politischen Verhältnisse jener Zeit, sondern auch die Besitzverhältnisse von Hans Christoph von Königsmarck werden hier dargestellt.

Neben Waffen und Kanonenkugeln aus dem 30-jährigen Krieg, der als besonders brutal gilt, ist ein großes Modell des Schlosses ausgestellt, das auch den heute leider nicht mehr erhaltenen, geometrischen Garten zeigt.Im Schloss ist für diese Ausstellung viel gearbeitet worden. Doch die Arbeit hat sich gelohnt, denn der Besucher erkennt schnell, was die Königsmarck-Ausstellung besonders macht. Während andere historische Ausstellungen oft trocken und dröge wirken, wurde im Schloss Agathenburg darauf geachtet, die von der Historikerin Beate-Christine Fiedler recherchierte Ausstellung modern und attraktiv zu gestalten und die Besucher aktiv einzubinden. So lässt sich hier und da eine Schublade öffnen, in der sich weitere Dokumente verstecken, an anderer Stelle können ausgestellte Münzen durch eine Kurbel zum Rotieren gebracht werden. Dazu gibt es in vielen Räumen Guckkästen, aber auch Filme, die die Geschichte der von Königsmarcks erzählen.

Dabei können die Besucher selbst entscheiden, wie tief in die Geschichte sie einsteigen wollen. "Man kann sich einschnüffeln oder richtig festlesen", so Roggmann. Der im Eintrittspreis von vier Euro enthaltene Audioguide hat eine Standard-Laufzeit von 60 Minuten. Wer alle Extra-Informationen aufruft, kommt auf 90 Minuten. Wem das immer noch nicht reicht, der kann an Lesepulten in Archivalien schmökern.

"Wir haben einfach unheimlich viele Quellen" erklärt Pressesprecherin Rieke Buning. "Jede Generation hat ihre Geschichte und Highlights." So starb Hans Christoph zu Königsmarck nicht etwa im Krieg, sondern durch eine Blutvergiftung, die er durch Entfernung eines Hühnerauges bekam. Nach ihm bewohnten sein Sohn Otto Wilhelm und dessen Ehefrau Catharina Charlotte das Schloss Agathenburg. Ihre Lebensstationen, der frühe Tod von Otto Wilhelm, sein prunkvolles Begräbnis in Stade und die Witwenzeit von Catharina Charlotte lassen sich im ersten Stock des Schlosses nachempfinden.

Der letzte Raum ist schließlich den beiden Familienmitgliedern gewidmet, die sowohl für den barocken Höhepunkt als auch das Ende der von Königsmarcks standen: Hans Christoph von Königsmarcks Enkelin Maria Aurora, laut Voltaire die berühmteste Frau zweier Jahrhunderte, und ihr Bruder Philipp Christoph, ein Lebemann, dem ein Ruf als Spieler und Liebhaber vorauseilte.

Seine Liebschaft zu der Kurprinzessin Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg, in der Ausstellung durch sehr sinnliche, die Fantasie der Besucher anregende Schattenrisse dargestellt, kostete ihn schließlich das Leben. 1694 verschwand Philipp Christoph spurlos. Ihre Macht und ihren Einfluss hatten die von Königsmarcks damit endgültig verloren. Keine 100 Jahre war das Schloss Agathenburg in ihrem Besitzt. Für Bettina Roggmann ist das der Grund, warum die wohl abenteuerlichste Familienbiographie jener Zeit bis heute relativ unbekannt ist. Die Königsmarck-Ausstellung könnte jenen Umstand nun ändern.

Dass die Ausstellung umgesetzt werden konnte, liegt daran, dass das Schloss Agathenburg mit rund 750 000 Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung unterstützt wurde. Seit Februar 2010 wurde das Schloss saniert, ein Panorama-Fahrstuhl gebaut und das Kellergewölbe zugänglich gemacht. "Wir sind sehr stolz, dass wir als recht kleines Haus diese Förderung bekommen haben", sagt Roggmann. So erstrahlt Schloss Agathenburg nun in neuem und altem Glanz. Hans Christoph von Königsmark nannte es übrigens nie 'Schloss'. "Er sagte immer 'Hauß Agathenburg', so Roggmann. "Hauß mit 'ß'."