Stellen wir uns mal ein Ehepaar vor, das seit Jahrzehnten Lotto gespielt hatte.

Jede Woche spielte das Paar mindestens einen Standard-Tipp, also immer dieselben Zahlen. Selbst wenn sie ab und zu noch einen Tipp mehr spielten, als Kür sozusagen, der Standard-Tipp war Pflicht. Damit wollten sie das Glück durch Kontinuität erzwingen. Aber niemals gewannen sie einen nennenswerten Betrag.

Plötzlich hörten sie mit dem Lotto-Spiel auf. Aber sie verfolgen immer noch jede Ziehung der Lotto-Zahlen im Fernsehen. Groß ist dann die Freude, wenn der Standard-Tipp wieder nichts gewonnen hat. Ohne mitzuspielen haben sie jetzt beim Lotto bedeutend mehr Glückserlebnisse als früher. Sie nutzen die höhere Zufallsquote des Nichtgewinns, um sich über jede Zahl zu freuen, die nicht in ihrem Standard-Tipp enthalten war. Sie genießen die Gewissheit, dass sie nichts mit ihrem Standard-Tipp gewonnen hätten. Manchmal wird es aufregend, wenn zum Beispiel schon zwei Zahlen ihres Standard-Tipps gezogen werden. Doch das Glück ist auf ihrer Seite, wenn die folgenden Zahlen nur noch Nieten sind. Immer wieder bestätigt sich für sie, dass es richtig war, mit dem Lotto-Spiel aufzuhören. Sie sammeln das gesparte Geld in einer Dose. Jede Woche erleben sie auf diese Art ein kleines Lotto-Glück durch das Glück des Nichtgewinns. Aber wir möchten uns nicht vorstellen, wie sie reagieren würden, wenn der Standard-Tipp alle sechs Gewinnzahlen enthielte. Auch das Spiel ohne Einsatz ist ein gewagtes Spiel.