3600 Jahre alt: Das Helms-Museum zeigt mit der Scheibe von Nebra den ältesten Globus der Menschheit und weitere archäologische Schätze

Harburg. Sie gilt als einer der bedeutendsten archäologischen Funde des 20. Jahrhunderts: die mindestens 3600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra. Sie ist die älteste Visualisierung des astronomischen Wissens der Welt. Sozusagen der erste "Globus" der Menschheit, als unsere Vorfahren die Erde noch für eine Scheibe hielten.

Nun wird die Himmelsscheibe zum ersten Mal in Hamburg zu sehen sein: Das Helms-Museum in Harburg zeigt die Wanderausstellung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt mit dem Titel "Ein Himmel auf Erden - die Himmelscheine von Nebra" vom 23. Juni bis 11. November. Gezeigt wird eine exakte Kopie des Originals, material- und gewichts

echt. Zusätzlich präsentiert das Helms-Museum in seiner ersten archäologischen Sonderausstellung seit zwei Jahren bisher unbekannte Schätze aus den Tiefen seines Magazins,

Die Entdeckung der Himmelsscheibe bietet Stoff für einen Kinokrimi: 1999 wühlten Raubgräber auf dem Mittelberg in Sachsen-Anhalt einen Bronzeschatz aus: zwei Schwerter mit Goldverzierungen, Beile, Armringe - und die Himmelsscheibe.

Der Fund ging durch die Hände verschiedener Hehler. Bei den Verhandlungen stieg der Preis der Scheibe von ursprünglich 30 000 D-Mark auf eine Million Euro. Im Februar 2002 stellten Polizei und Landeskriminalamt Hehlern im Baseler Hilton-Hotel eine Falle und beschlagnahmten den Bronzeschatz. Die Schatzgräber stellten sich im Juli 2002 selbst der Polizei - der Fahndungsdruck war ihnen zu groß geworden. Das Original der Himmelsscheibe steht seitdem im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle.

Die Himmelsscheibe lag 3600 Jahre in der Erde

Die älteste bekannte Himmelsabbildung der Welt ist eine fast kreisrunde Scheibe mit einem Durchmesser von 32 Zentimetern. Sie wiegt gut zwei Kilo. Archäologen deuten die goldenen Abbildungen als Horizontbogen, ein Schiff, Sonne, Mond und Sterne. Das tiefe Grün ist nicht die ursprüngliche Farbe, sondern resultiert daraus, dass die Scheibe 3600 Jahre lang in der Erde gelegen hat.

Die Himmelsscheibe von Nebra bleibt den Wissenschaftlern ein Rätsel. "Das größte Geheimnis ist", sagt Dr. Michael Merkel, Sammlungsleiter des Helms-Museums, "wer sie eigentlich gemacht hat." Sicher ist, dass die Menschen ihren Himmelsatlas mehrfach verändert haben. Wann genau die Scheibe hergestellt wurde, ist nicht bekannt. Am Ende ist sie 1600 vor Christus vergraben worden. Möglicherweise war ihre Botschaft schon damals vergangen. Man verstand sie offenbar nicht mehr.

Forscher heute versuchen weiter, der Himmelsscheibe Geheimnisse zu entreißen. "Jeder Quadratmillimeter wird gescannt", sagt Dr. Michael Merkel. Im Mai gingen Geoarchäologen mit einer neuen Erkenntnis an die Öffentlichkeit: Das Gold der Himmelscheibe stamme aus England und nicht wie bisher angenommen aus Rumänien. Es stimme mit dem Gold aus dem Fluss Carnon in Cornwell überein.

Mit technischen Hilfsmitteln durchleuchtet wird zurzeit auch ein anderes Fundstück aus der Bronzezeit, das aus dem Magazin des Helms-Museums stammt: ein Dolch, der vor 100 Jahren bei Gleschendorf in Ostholstein entdeckt wurde und in Vergessenheit geriet. Zurzeit durchforsten Wissenschaftler an allen Museen in Hamburg ihr Inventar - und gehen dabei in die tiefsten Keller. In unterer Lage im Metallarchiv fanden dabei die Archäologen des Helms-Museums den Dolch in einer kleinen Plastikbox - abgelegt, vergessen und unerforscht.

Ein 1000 Jahre alter Dolch und goldene Armringe

"Wir waren gleich fasziniert", sagt Merkel zu dem Fund im eigenen Archiv. Das Besondere sei der erhaltene Rest eines Ledergriffs. Der Dolch sei vermutlich 1000 Jahre alt und könnte aus dem Mittelmeerraum stammen. Demnächst wird die uralte Waffe in Stuttgart geröntgt. Die Forscher wollen so Erkenntnisse gewinnen, wie sie hergestellt worden ist.

Den Dolch von Gleschendorf, den die Öffentlichkeit noch nie zu sehen bekam, zeigt das Helms-Museum zusammen mit der Himmelsscheibe von Nebra. Goldarmringe, so alt wie die Himmelsscheibe, als Leihgabe des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg komplettieren die Sonderausstellung. Das Helms-Museum kooperiert dabei mit dem Planetarium Hamburg. Das zeigt die Vortragsshow "Die Macht der Sterne", eine Expedition vom "geschmiedeten Himmel" der Bronzezeit bis zu den Beobachtungen der Gestirne im Weltraumzeitalter.