Wenn ich die letzte Minute nicht hätte, würde ich gar nichts fertig stellen.

Auf den letzten Drücker kommt oft zustande, was man in den Monaten zuvor nicht hingekriegt hat. Da hat man gefühlte Ewigkeiten Zeit, um zusammenzusammeln, was in den Sperrmüll soll, aber nein: Der Termin ist morgen, und heute krame ich das Zeug aus dem Keller.

Das fühlt sich hinterher richtig gut an. Man hat rangeklotzt, man hat sehr schnelle Entschlüsse gefasst, und wenn das alte Bettgestell auf dem Abtransporthaufen gelandet ist, ist die Zufriedenheit groß. Fast schon sportlich fühlt sich die Sammelleistung dann an, und sie ist Grund genug, jetzt genüsslich die Füße hoch zu legen und sich ein kühles Bier zu genehmigen.

Das hätte ich doch alles nicht erlebt, wenn ich so Schritt für Schritt die Häufchenteile zusammengetragen hätte. Mit Liste und über viele Wochen. Manchen gefällt genau das besser. Ich bin sicher: Das ist reine Mentalitätssache. Angeboren. Ich halte mich da lieber an Sprichworte wie: Augen zu und durch. Ganz oder gar nicht. Jetzt oder nie. Und was es sonst noch in diesem Stil gibt.

Die letzte Minute ist der gebündelte Startschuss für all das, was sich vorher in Gedanken langsam entwickelt hat. Und das ist verwandt mit Poesie. Mit Gedichten. Auch sie fassen zusammen, was schon lange gefühlt und gelebt wurde und was sich in dem besonderen lyrischen Moment zu einem Gedicht verdichtet.

Wer hätte das gedacht: Sperrmüll und Lyrik in direkter Verwandtschaft. Dank dieser einen, wichtigen letzten Minute.