Der Platz mit dem Container für Trinker in der Knoopstraße ist für Bebauung im Gespräch

Harburg. Im Flur stapeln sich die Kästen mit leeren Bierflaschen, es riecht nach abgestandenem Zigarettenqualm. Rauch, der die Wände der drei blauen Container des Freizeitvereins an der Knoopstraße schmutzig grau-braun gefärbt hat und der in die Polstermöbel gezogen ist.

Die Besucher halten sich in einem kleinen Gartenzelt auf, trinken Bier und klönen. Auch Tobias, 43, (Name geändert) ist dabei. Wie jeden Tag. "Früher war ich auch auf dem Rathausplatz, hab Drogen genommen und getrunken. Jetzt will ich da nicht mehr hin. Dort wurde man auch regelmäßig von der Polizei vrtrieben", sagt er. Die anderen nicken. "Das ist `ne ganz andere Szene, die haben mit uns hier nichts zu tun", so Claudia Jammeh, 43, Vorsitzende des Freizeitvereins: "Wir wollen hier keine Randale-Macher." Sie zeigt stolz auf den Garten des Vereins. Es gibt eine Schaukel, eine Rutsche, Sitzplätze und Beete auf dem etwa 1600 Quadratmeter großen Areal. Ein Idyll im Schatten des Rathauses. "Ich will hier in Ruhe mein Bier trinken, mit den anderen Klönen und ein paar Runden Backgammon spielen", so Tobias.

Sozialarbeiter, die vor Ort sind und nach den meist Alkoholabhängigen schauen und Hilfe anbieten, wie es, wie berichtet, in der Trinkerstube in Kiel üblich ist, gibt es hier nicht. "Das ist auch gut so. Ich will mich nicht kontrollieren lassen. Wir sind gerne unter uns", so Jammeh. Nicht alle Besucher kommen unterdessen mit der Selbstständigkeit zurecht. "Ich brauche keine Therapie, habe selbst einen Entzug gemacht. Ich komm gut klar", sagt Tobias und nimmt einen weiteren Schluck Bier. Seine Hände zittern.

9000 Euro jährlich erhält der Verein aus dem Sondermitteltopf der Bezirksverwaltung. Und Spenden. "Fast alles geht für Strom, die Reinigung der Dixie-Klos und Telefon drauf." Trinkwasser muss Claudia Jammeh aus dem Rathaus holen. Manchmal kocht sie Mittag für die Vereinsmitglieder und Gäste. "Es gibt auch Osterfeuer, Tanz in den Mai und Halloween-Parties." Etwa 50 Besucher kommen regelmäßig zum Freizeitverein, der von der Diakonie unterstützt wird.

1996 wurde er auf Initiative des bürgernahen Beamten Claus Niemann gegründet. Eine Gruppe Trinker wollte weg vom Rathausplatz und einen Raum, wo sie sich aufhalten können. Werktags von 11 Uhr an bis 18.30 Uhr, sonnabends und manchmal auch sonntags ist der Freizeitverein geöffnet. Jammeh hofft, dass es auch so bleibt. "Das Grundstück ist als Bauland ausgewiesen. Verwaltungsmitarbeiter waren schon hier und haben sich das Gelände angeschaut. Wenn wir wegmüssen, wäre das sehr schade." Denn der Treff profitiert von der zentralen Lage. Jammeh: "Wir haben uns auch schon einen ehemaligen Imbiss an der Cuxhavener Straße ausgeguckt, aber der ist zu weit entfernt für viele Besucher."

Da will auch Tobias nicht hin. "Wir stören doch niemanden." Zurück zum Rathausplatz will er auf keinen Fall. "Da ist die ganz harte Szene." Und Polizeihauptkommissar Jörg-Dieter Mrosek (59), der seine Pappenheimer seit zehn Jahren kennt. Er geht zu einer Gruppe, die sich auf Bänken neben einer Grünfläche niedergelassen hat. Männer, meist tätowiert und am Vormittag schon reichlich angetrunken, halten Bier- oder Wodkaflaschen in den Händen. Einige stehen sichtlich unter Drogen.

Ein Mann lallt vor sich hin, fängt plötzlich an, zu lachen. Er hat keine Zähne mehr. "Er nimmt Psychopharmaka. Wenn der austickt, gibt es hier richtig Ärger", so der Polizist. Etwa 50 bis 60 Personen finden sich regelmäßig auf dem Rathausmarkt ein. Mrosek kennt sie alle. "Und ich hab sie auch alle im Griff." Viele kommen mit ihren Alltagsproblemen zu ihm. Mrosek: "Klar kenne ich auch den Freizeitverein. Diese Klientel geht da aber nicht hin. Dort darf kein Schnaps getrunken werden, und Drogen sind dort ebenfalls verboten. Damit kommen die hier wohl nicht klar."

Als die Harburger Polizei noch an der Knoopstraße war, sei die Kontrolle der Trinker auf dem Rathausplatz umfangreicher gewesen. Jetzt hat Mrosek einen längeren Weg zum Rathausplatz. Im Oktober geht er in Rente. Einen Nachfolger, den er einweisen könnte, gibt es noch nicht. Es sei allerdings notwendig, dass ein Polizist regelmäßig vor Ort ist und Kontakt zur Szene hält. Was sonst passieren würde, mag er sich nicht ausmalen. Auch nicht, was wäre, wenn der Freizeitverein sein Grundstück aufgeben müsste. Aus dem Rathaus kommt Entwarnung. "Es gibt noch keine konkreten Pläne über die Bebauung der Fläche", so Behördensprecherin Beatrice Göhring. Allerdings würden schon Gespräche geführt werden.