Michael Taubhorn geht gegen seine Nachbarn vor, die mit ihren Baumaßnahmen den Charakter der Frankschen Siedlung verändern.

Ohlsdorf. Individuelle Bedürfnisse und bindende Regeln passen oft nicht zusammen. Diese Erfahrung macht gerade Michael Taubhorn. Er wohnt seit 15 Jahren in der Frankschen Siedlung in Ohlsdorf. Die steht seit einem Jahr unter Denkmalschutz, mithin gibt es genaue Bau- und Gestaltungsvorschriften. Aber Taubhorn hat jetzt festgestellt, dass es Baumaßnahmen gibt, die den Charakter und das Aussehen der Siedlung verändern. "Dann braucht man auch keinen Denkmalschutz", sagt der 53 Jahre alte Erzieher. "Ich will ja nicht der böse Nachbar sein, der die anderen anschwärzt. Aber wenn einer mit Ausnahmen anfängt, ziehen andere nach."

Die Franksche Siedlung zwischen Wellingsbüttler Landstraße und Stübekamp entstand in den Jahren 1935 bis 1939 auf einem etwa zwölf Hektar großen Gelände am damals nördlichen Stadtrand. Die Siedlung mit ihren 545 Häuschen aus rotem Backstein knüpft durch ihre aufgelockerte, licht- und luftdurchlässige Gestaltung an die Ideale der Gartenstadtbewegung an und bildete damit einen Gegensatz zu früheren Großwohnblöcken. Ihr Erbauer und Namensgeber Paul Frank (1878 bis 1951) war einer der führenden Architekten des "Neuen Bauens" unter Oberbaudirektor Fritz Schumacher und an zahlreichen Bauvorhaben des Reformwohnungsbaus beteiligt. Häuser in der Frankschen Siedlung werden aktuell für mehr als 300.000 Euro gehandelt.

Im Denkmalpflegeplan gibt es Vorschriften, wie Dachfenster auszusehen haben, dass die Eingangstüren rot gestrichen werden sollen und nur Holzfenster und -türen eingebaut werden dürfen, wie breit eine Terrasse sein darf und wie ein Wintergarten angebaut werden muss. An sechs Häusern hat Taubhorn jetzt Verstöße festgestellt und dem Bezirksamt Nord als Bauaufsichtsbehörde gemeldet. "Ich habe den Eindruck", sagt Michael Taubhorn, "dass manche Leute denken, wenn sie viel Geld für ihr Haus bezahlt haben, dann können sie es auch individuell gestalten. Aber es geht doch auch darum, dass man Regeln einhält und sich an der Gemeinschaft beteiligt."

Dass der Denkmalpflegeplan bindend ist, sieht auch das Bezirksamt so. Der amtierende Bezirksamtsleiter Harald Rösler sagt, man nehme die Meldung von Michael Taubhorn sehr ernst. "Wir begrüßen Hinweise aus der Bevölkerung und prüfen die Angelegenheit. In einigen Fällen sind auch schon Beseitigungsverfügungen ergangen", so Rösler. Michael Taubhorn ist jedoch nicht zufrieden. Deshalb hat er jetzt Akteneinsicht beantragt und will überprüfen, ob das Bezirksamt wirklich die Buchstaben des Gesetzes eingehalten hat.