Magen-Darm-Spezialist Prof. Martin Zeitz legt Wert auf Forschung, ist offen für neue Behandlungswege und scheut nicht den Streit mit der Politik.

Eppendorf. Die Suche nach einem neuen Chef der Universitätsklinik Eppendorf (UKE) ist beendet: Nach Information des Hamburger Abendblatts wird Professor Martin Zeitz, 61, von der Berliner Charité der Nachfolger von Professor Jörg Debatin, der das UKE im September 2011 vor dem Ende seiner Vertragslaufzeit verlassen hatte.

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Am Montag wird das zwölfköpfige Kuratorium des UKE über die Personalie befinden, die von der Wissenschaftsbehörde am Freitag nicht kommentiert wurde. "Es handelt sich um eine hochsensible Personalentscheidung, deshalb können wir zu einzelnen Namen nichts sagen", sagte Behördensprecher Norbert König dem Abendblatt.

Wer ist Professor Martin Zeitz, der nun von Berlin nach Hamburg wechseln wird? Zeitz, 1950 in Hessen geboren und Vater zweier Kinder, leitet seit 2001 die Medizinische Klinik I der Charité in Berlin. Zu seinen Schwerpunkten gehört die Betreuung von Patienten mit fortgeschrittenen Lebererkrankungen, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sowie mit gastroenterologischen Tumoren. Sein wissenschaftliches Steckenpferd sind, kurz formuliert, Vorgänge in den Zellen bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und der Leber.

Zeitz gilt als erfahrener Mediziner und Klinikdirektor, der immer auch offen ist für neue Behandlungswege. Bestes Beispiel sind die Entzündungszentren in Deutschland. Seit Mai 2009 gibt es einen neuen Ansatz in der Diagnose und Therapie chronisch entzündlicher Erkrankungen wie etwa entzündlichem Rheuma. Zeitz leitet das Zentrum in Berlin, daneben gibt es weitere Zentren in Kiel und Lübeck. "Bei der Erforschung von Entzündungsmechanismen wurde uns immer klarer, dass die zugrunde liegenden Vorgänge im Körper sehr ähnlich sind, egal, ob sie sich im Darm, an der Haut oder in den Gelenken abspielen", sagt er. Die Vernetzung aller Spezialisten war für ihn und seine Mediziner-Kollegen in Schleswig-Holstein deshalb eine logische und notwendige Schlussfolgerung.

Martin Zeitz hat zunächst Mathematik und Physik in Marburg studiert, bevor er sein Medizinstudium an der Freien Universität (FU) in Berlin begann. Nach der Approbation als Arzt und der Promotion war er wissenschaftlicher Assistent und als Gastwissenschaftler auch in den USA. 1994 folgte die Ernennung zum Universitätsprofessor und Klinikdirektor in Homburg.

Zweiter Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Forschung, was ihn für den Posten an der Universitätsklinik in Hamburg zusätzlich prädestiniert. Auch an der Charité beteiligt sich seine Einrichtung an Laborprojekten und klinischen Studien wie zum Beispiel die Untersuchung genetischer Varianten bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Zeitz ist zudem Sprecher des Sonderforschungsbereichs 633 sowie der Klinischen Forschergruppe 104 der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Beide interdisziplinären Forschungsverbünde sind thematisch auf Fragen der Immunologie, also der Abwehr von Bakterien, Viren oder Pilzen im Magen-Darm-Trakt fokussiert. Nach Darmerkrankungen werden oft Gelenkentzündungen oder schwere neurologische Erkrankungen mit Nervenschädigungen beobachtet. "Es ist daher besonders bedeutungsvoll, die wichtigsten Erreger von Magen-Darm-Infektionen zu kennen und an die durch sie ausgelösten Komplikationen zu denken", beschrieb Zeitz die Wichtigkeit der Forschungsarbeit auf diesem Gebiet in einem Vortrag auf einem Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin. In diesem Zusammenhang hat er auch über den Erreger von Aids, das HI-Virus, geforscht.

Martin Zeitz, der viele wissenschaftliche Veröffentlichungen aufzuweisen und internationale Kongresse organisiert hat, scheut auch nicht die Auseinandersetzung mit der Politik. Zusammen mit rund 80 Professorenkollegen in Berlin verfasste er im Mai 2009 angesichts drohender Sparmaßnahmen an den Hochschulen einen scharfen Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).

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Darin heißt es: "Nach mehreren drastischen Etatkürzungen in den vergangenen Jahren ist das Einsparpotenzial an allen Berliner Hochschulen ausgeschöpft. Die Deckung der in Zukunft zusätzlich anfallenden Kosten weitgehend den Hochschulen aufzubürden, bedeutet den Abbau von rund 2000 Arbeitsplätzen, führt zur Reduktion der Studienanfängerzahlen um rund 5200 bei gleichzeitigen erheblichen Einbußen in der Qualität der Lehre und entzieht uns die Basis für national und international wettbewerbsfähige Forschung."

Und weiter hieß es in dem Brief: "Wir appellieren an Sie, die geplanten unverantwortlichen Weichenstellungen zu verhindern - und im Gegenteil die nötigen Investitionen in die Zukunftschancen der Hochschullandschaft der Stadt Berlin zu sichern."

Mit-Unterzeichnerin des Appells an Wowereit war vor zwei Jahren auch die Professorin Frauke Zipp, die ebenfalls bis zuletzt in dem engeren Kandidatenkreis für die Debatin-Nachfolge am UKE gewesen ist.

Wann Professor Martin Zeitz seine Arbeit an der Uniklinik in Eppendorf beginnen und wie lange die Laufzeit seines Vertrages sein wird, darüber wird die zuständige Senatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) möglicherweise am Montag nach der Sitzung des UKE-Kuratoriums informieren. Seit nunmehr acht Monaten wird die Universitätsklinik mit ihren rund 8000 Mitarbeitern kommissarisch von Professor Guido Sauter, dem stellvertretenden ärztlichen Direktor, geleitet. Mehrmals hatte die CDU-Opposition in den vergangenen Monaten die lange Nichtbesetzung des wichtigen Postens kritisiert.