Harley Days 2016

Harleyluja – Sie sind wieder abgefahren

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Edgar Hasse

Weniger Besucher, viel Lärm: Die 13. Harley Days erstmals mit Gästen aus China, Russland, Finnland und Afrika – und einem Ungeheuer.

Hammerbrook.  Es ist die Ruhe vor dem Sturm, als der Mann am Schwenkgrill die vorerst letzte Bratwurst verkauft. Eine gespannte Stille liegt am Sonntag, kurz vor 13 Uhr, über dem „Harley Village“ auf dem Großmarkt. Die Biker warten schweigend auf den Sitzen ihrer blitzblanken Maschinen, dass es endlich losgeht. Sie tragen Sonnenbrillen und haben bereits ihre Helme aufgesetzt.

Eddy Kante, ehemaliger Bodyguard von Udo Lindenberg, wartet mit seiner Harley-Davidson an der Spitze des Konvois von rund 8000 Bikern. Neben ihm HSV-Legende Horst Hrubesch, den sie einst das „Kopfballungeheuer“ nannten. Am gestrigen Sonntag bei den 13. Harley Days verbindet Kante und Hrubesch vor allem eines: Sie haben Benzin im Blut und verspüren ungebremste Lust, endlich lautstark knatternd Gas zu geben.

Harleyluja! Es ist 13 Uhr, und der Konvoi bricht auf, dass einem die Ohren dröhnen. Mütter mit kleinen Kindern, die das PS-starke Aufgebot amerikanischen Lebensstils als Zuschauerinnen verfolgen, haben ihren Nachwuchs vorsorglich mit lärmschützenden Kopfhörern ausgestattet.

Mehr als 30 Kilometer führt die traditionelle Parade der Motorradfahrer durch die Stadt über die Köhlbrandbrücke und wieder zurück. Der Mann am Schwenkgrill verkauft jetzt keine Bratwurst mehr, weil alle Zuschauer gebannt auf die Maschinen und die Männer und Frauen schauen. Sie kommen aus Köln und Aachen, Pinneberg, Rottal-Inn und aus der südchinisischen 11-Millionenmetropole Guangzhou, aus Uganda und St. Petersburg.

Die diesjährigen Harley Days zeigen international Flagge. „Für uns ist es ein kleiner Weltgipfel“, sagt Jascha Bergmann vom Veranstalter Bergmann-Gruppe.

Es ist kaum zu erkennen, wer sich hinter dieser Sonnenbrille, dem grell-gelben Outfit und den Handschuhen verbirgt. Aber die Übersetzerin des Reiseveranstalters China-Tours sagt, es ist Yi Ping Lu, ein Investor aus der chinesischen Stadt Guanghou, Harley-Fahrer seit vielen Jahren und damit einer von mehreren Zehntausenden Bikern in China. Mister Yi Ping Lu gehört zur achtköpfigen Biker-Gruppe, die extra wegen der Harley Days nach Europa gekommen sind. Sie waren von China bis nach Rom geflogen. Von dort aus fuhren sie auf bereitgestellten Motorrädern über die Alpen nach Hamburg. „Ich bin in dieser Stadt schon zum dritten Mal“, sagt der 53-jährige Yi Ping Lu, der in der Medizinbranche tätig ist. „Harley zu fahren ist mein Hobby“, fügt er hinzu.

Mit dabei ist auch Daniil Tsvetkov aus St. Petersburg. Er war schon im vergangenen Jahr Gast der Hamburger Harley Days und lädt nun die deutschen Biker in die russische Stadt ein. Dort finden die Harley Days vom 11. bis 14. August statt. Bei einer Anreise über Helsinki könne man nunmehr 72 Stunden lang visafrei einreisen, sagt er. „Und weil der Rubel in seinem Wert gefallen ist, kostet der Liter Benzin nur noch 34 Cent.“

Naturschutzbund übt Kritik

Neben Felix Rieger von Harley Mallorca, der in vier Tagen 2600 Kilometer weit nach Hamburg gefahren ist, stehen Juhu und Jannita aus Finnland. Die beiden sind frisch verliebt. Nach dem Batterieschaden an ihrer Harley blieb dem Juha nur noch eines übrig: Seiner Jannita einen Heiratsantrag zu machen. Und der wurde prompt angenommen.

Während die 8000 Biker durch die Stadt knatterten, begann Dörte Bergmann-Ketsetzis am Sonntagnachmittag damit, ihr Büro abzubauen. Drei Tage lang hatte die Mitorganisatorin vom Veranstalter der Bergmann-Gruppe in einem Container auf dem Großmarkt die Zentrale geleitet. Eine ihrer Aufgaben war es, Beschwerdeanrufe anzunehmen. Doch in diesem Jahr hielt sich der Zorn der Anwohner in Grenzen. Viele Biker, sagt sie, seien wegen des schlechten Wetters am Sonnabend gar nicht mit ihren Maschinen unterwegs gewesen. So gab es von Freitag bis Sonntagnachmittag nur rund 40 Anrufe – drei Viertel davon bezogen sich auf Verkehrsinformationen. Das teilweise verregnete Wetter, sagt Pressesprecherin Sabine Vogt, habe dazu beigetragen, dass statt der erwarteten 500.000 Besucher rund 100.000 weniger kamen. Lediglich Fahrradfahrer der Initiative „St. Pauli selber machen“ bekundeten diesmal mit einer Aktion öffentlich ihren Protest. „Die Idee war es, den spritschluckenden, stinkenden, lärmenden Einfall von Tausenden Motorrädern nicht unkommentiert geschehen zu lassen“, betonten die Organisatoren.

Bereits am Freitag hatte der Naturschutzbund Kritik geübt. Die „knatternden, laut röhrenden und stinkenden Motorräder“ würden dann durch Hamburg fahren und zu einer „unnötigen Lärmbelastung und Luftverpestung“ führen. Das Stadtmarketing verkaufe das Massenevent seit Jahren trotz Lärmstörung und Luftverpestung als Hamburger Attraktion. Wie die Veranstalter derweil verkündeten, hat die Stadt den Vertrag für die Nutzung des Großmarkts für die Harley Days um fünf Jahre verlängert. Die Biker – sie werden wiederkommen.