Hamburg. Der Abriss der City-Hochhäuser am Klosterwall und die Neugestaltung des Filetgrundstücks, hier hat noch bis Herbst 2017 das Bezirksamt Mitte seinen Sitz, ist eine der wichtigsten städtebaulichen Entwicklungen in der Hamburger Innenstadt. Der umstrittene Neubau soll bis 2021 realisiert werden.
Den Zuschlag hat der Projektentwickler Aug. Prien erhalten, die Bürgerschaft hatte der Anhandgabe Anfang April zugestimmt. Der Kaufpreis beträgt 35,2 Millionen Euro. „Wir bereiten gemeinsam mit der Stadt den Architekturwettbewerb vor, der im Sommer starten und Ende des Jahres entschieden werden soll“, sagte Aug.-Prien-Geschäftsführer Jan Petersen dem Abendblatt.
Daran sollen mindestens 15 Architekturbüros teilnehmen, darunter fünf Hamburger, fünf nationale und fünf internationale. Der Baubeginn ist für Ende 2018 geplant. Die Gesamtinvestition soll bei rund 200 Millionen Euro liegen.
Projektentwickler: „Eindrucksvolle Architektur“
Für Petersen ist wichtig: „Der Klosterwall ist das Entree zur Innenstadt, dementsprechend wollen wir hier eine Premium-Immobilie mit einer eindrucksvollen Architektur entwickeln. Wir setzen das Bauvorhaben jedoch nur um, wenn wir uns mit allen Beteiligten auf einen Architektenentwurf verständigen können.“ Dabei werde vor allem berücksichtigt, dass sich der Neubau an das Kontorhausviertel – und das gehört zum Unesco-Weltkulturerbe – anpasst. Deshalb könne man sich auch eine dunkle Klinkerfassade als eine Option vorstellen, so Petersen weiter.
Das Gebäude mit insgesamt rund 47.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche solle eine zeitlose Architektur haben, die „auch in 100 Jahren noch“ ansprechend sei. Einen Glaskasten werde es auf jeden Fall dort nicht geben, ergänzte Frank Holst, der Geschäftsführer der Aug. Prien Immobilien ist.
Kommentar: Hamburg hat Schöneres verdient
Zum ersten Mal äußerten sich Petersen und Holst im Abendblatt-Gespräch zu ihren Planungen. „Wir wollen diesen Standort beleben und zu einer attraktiven Verbindungsachse in die HafenCity und zum Kontorhausviertel machen“, sagte Petersen. Vor allem solle das Gebäude auch für die Öffentlichkeit erlebbar werden, so Petersen weiter.
Angedacht ist ein Markthallenkonzept auf rund 4000 Quadratmetern mit Gastronomie, Einzelhandel, Flächen für Kunstausstellungen, Galerien und einem Erlebnissupermarkt. „Der öffentliche Bereich soll ein Treffpunkt für die Hamburger werden – und natürlich auch für die vielen Touristen, die hier unterwegs sind“, sagte Jan Petersen.
Die günstigsten Wohnungen für 6,10 Euro pro Quadratmeter
Es sollen 200 Wohnungen auf rund 14.200 Quadratmetern Bruttogeschossfläche entstehen, allerdings nur Mietwohnungen und ein Drittel davon öffentlich gefördert. Das heißt, dort wird eine Nettokaltmiete ab 6,10 Euro verlangt.
Außerdem ist ein Viersternehotel mit rund 200 Zimmern geplant. Dafür gibt es bereits zwei Interessensbekundungen von internationalen Ketten, darunter soll Accor sein. „Der Standort vis-à-vis vom Hauptbahnhof ist sehr gefragt bei Hotelbetreibern. Wir haben noch deutlich mehr Anfragen, verhandeln aber zunächst mit zwei Interessenten“, sagte Holst.
Kommentar: City-Hochhäuser sind unsere Geschichte
Auf mehr als 19.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche entstehen Büros. Für etwa 12.000 Quadratmeter gibt es bereits ein Hamburger Unternehmen, das hier mit bis zu 600 Mitarbeitern einziehen möchte. Auch eine Kindertagesstätte soll in den Neubau integriert werden, außerdem eine Tiefgarage mit mehr als 300 Plätzen.
Bei diesem Bauvorhaben ist ein besonderes Fingerspitzengefühl gefragt. Vor allen in den vergangenen Monaten wurde wieder kontrovers über die Zukunft der vier maroden, in den 50er-Jahren erbauten Hochhäuser diskutiert. Denn die Gebäude stehen unter Denkmalschutz, und dementsprechend gibt es auch viele Bürger, die einen Erhalt fordern: „Wir haben, bevor wir der Stadt unser Kaufangebot unterbreitet haben, einen Erhalt geprüft. Das war für uns jedoch wirtschaftlich nicht tragbar“, sagte Petersen.
Fertigstellung für 2021 geplant
Es gilt als sicher, dass das Denkmalschutzamt einem Abrissantrag folgen wird, dieser erfolgt jedoch laut Petersen erst nach dem „Abschluss des Architektenwettbewerbs, voraussichtlich Anfang 2017“. Danach würde das Bebauungsplanverfahren starten, das mindestens ein Jahr dauert. Das Bezirksamt Mitte zieht voraussichtlich im Herbst 2017 in einen Gebäudekomplex an die Caffamacherreihe, den die Stadt vom Verlagshaus Axel Springer SE gekauft hat. Der Abriss würde etwa ein halbes Jahr dauern: „Deshalb ist Ende 2018 als Baustart realistisch, und die Fertigstellung wäre dann voraussichtlich 2021“, kündigte Petersen an.
Die Aug. Prien Immobilien ist eine 100-prozentige Tochter der traditionsreichen Aug. Prien Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Harburg, die rund 650 Mitarbeiter hat und 1873 gegründet wurde.
Die Unternehmensgruppe hat unter anderen die neuen Messehallen gebaut und zum Beispiel das Büro- und Geschäftshaus Opernplaza in der Innenstadt realisiert. Außerdem entwickelt Aug. Prien im Konsortium mit mehreren Hamburger Baugenossenschaften die Bebauung mit rund 500 Wohnungen am Strandkai in der HafenCity.
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