Wilhelmsburger Unternehmen Hartmann wächst mit Schaltanlagen stark und sucht bis zu 40 neue Mitarbeiter. Hartmann gibt sich nicht mit einfachen Aufträgen ab.

Hamburg. Willi Neumann hatte den richtigen Riecher, als er 1990 Geschäftsführer des Hamburger Unternehmens Hartmann Elektrotechnik wurde. „Damals hatten wir 60 Mitarbeiter, heute sind es knapp 300 plus 100 Zeitarbeiter“, sagt er. Die Firma in einem Wilhelmsburger Gewerbegebiet platzt aus allen Nähten, auch weil Neumann weitere rund 40 Beschäftigte einstellen will, darunter sind Diplom-Ingenieure, Elektriker oder auch Elektroinstallateure. Zudem soll die Zahl der Auszubildenden von jetzt 27 um acht bis zehn aufgestockt werden. Doch das wird nicht einfach sein. „Oft mangelt es an der Qualifikation der Bewerber“, sagt Neumann, der jetzt sogar Werbeprofis bei der Suche nach Azubis engagiert hat. Die Hamburger Agentur MCCS hat rund 100 Fahrzeuge des Unternehmens mit Plakaten bestückt, die Azubis mit Sprüchen wie „Strom im Blut“ locken sollen.

Um alte und neue Mitarbeiter gut unterbringen zu können, hat Neumann kürzlich ein Grundstück neben seinem eigenen erworben und eine neue Produktions- und Lagerhalle errichtet, die an diesem Freitag eingeweiht wird. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 1,6 Millionen Euro. Das Geschäft floriert offenbar. Eine weitere Expansion in Hamburg ist geplant.

Am Freitag wird eine neue Produktionsund Lagerhalle eingeweiht

Schon früh hat sich Hartmann Elektrotechnik auf Innovationen konzentriert, die eng mit dem Internet verbunden sind. Rund 20 Mitarbeiter der Belegschaft sind Software-Ingenieure. „Wir sind Dienstleiter und Komponentenlieferant für Firmen wie Airbus, Beiersdorf oder auch Vattenfall“, nennt Neumann einige seiner Kunden. Beliefert werden unter anderem die Automobil- und Luftfahrtindustrie, die Energieversorgung und die Chemie sowie Petrochemie. Für den Hamburger Stromversorger Vattenfall entwickelte Hartmann unter anderem eine Software zur Automatisierung des Hamburger Fernwärmenetzes. „Wir können von unserer Zentrale aus erkennen, wenn es Fehler im Netz gibt und diese rechtzeitig beheben“, sagt der Chef. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Konstruktion und Herstellung von Schaltanlagen und Steuerungen für die Abwasseraufbereitung auf Kreuzfahrt-, Container-, Handels – und Marineschiffen. Derzeit arbeitet das Unternehmen an einem Schaltschrank für eine Schiffsreinigungsanlage zur Beseitigung von Schmutzwasser. Er wird in die USA verschickt und dort auf einem Kreuzfahrtschiff zum Einsatz kommen. Daneben hat sich Hartmann Elektrotechnik auch auf Explosionsschutz, etwa bei Raffinerien, spezialisiert und arbeitet viel für Airbus. „Wir haben dort ständig 25 bis 35 Mitarbeiter“, sagt Neumann. Sie bedienen unter anderem eine große, bewegliche Anlage, mit deren Hilfe Flugzeugteile wie etwa Flügel an den Rumpf der Flugzeuge montiert werden. „Das muss auf den Millimeter genau sitzen.“

Schaltschränke zu bauen, ist für gelernte Elektriker nicht schwierig. Doch Hartmann gibt sich nicht mit einfachen Aufträgen ab. „80 Prozent unserer Anlagen sind Einzelfälle, deren Software wir nach den speziellen Wünschen des betreffenden Kunden erstellen“, sagt Neumann. Damit hebt er sich von vielen Unternehmen in seiner Branche ab und erreicht eine höhere Wertschöpfung. Auch der Autozulieferer Continental hat Hartmann beauftragt, die Software für Auto-Prüfstände extra für die Firma zu entwickeln. „Mit großen Kunden gehen wir auch in internationale Märkte“, sagt Neumann. So begleiten Hartmann-Mitarbeiter etwa Continental, wenn das Unternehmen wie jüngst geschehen, einen neuen Prüfstand in China in Betrieb nimmt. „Unsere Techniker kennen die Anlage und die Programmierung“, sagt Neumann, dessen Unternehmen neben Hamburg auch Niederlassungen in Kiel, Bremen, Merseburg, Hannover und Magdeburg betreibt. Das Anfahren einer neuen Anlage berge Risiken in sich.

2012 steigerte die Firma den Umsatz um 20 Prozent auf etwa 36 Millionen Euro

Der Elektromeister war 1990 der erste familienfremde Chef der 1945 gegründeten Firma Otto Hartmann. Er erkannte schnell, dass die Wilhelmsburger Firma über ein großes Potenzial verfügt. Als sich im Jahr 2000 die Gelegenheit ergab, kaufte er 51 Prozent der Anteile der Elektrofirma, die restlichen 49 Prozent erwarb er mit seiner Frau ein Jahr später. Das Geschäft hat sich für das Ehepaar gelohnt. 2012 erwirtschaftete Hartmann Elektrotechnik einen Umsatz in Höhe von rund 36 Millionen Euro, das waren 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Als Firmengruppe inklusive der Tochterfirmen betrug der Umsatz rund 41 Millionen Euro. Über den Gewinn schweigt sich Neumann aus. In der Elektrobranche rechnet man mit einer Umsatzrendite von fünf bis zehn Prozent. Den Überschuss lässt Neumann im Unternehmen: „In den vergangenen zehn Jahren habe ich keine Ausschüttung gemacht. Ich bekomme nur ein Geschäftsführergehalt.“

Auch damit hat er die Voraussetzungen geschaffen, dass sein Unternehmen sich auf Wachstumskurs befindet. „Unsere Auftragsbücher sind bis Ende 2013 voll.“