Gedenken

20 Hamburger Stolpersteine können jetzt „sprechen”

| Lesedauer: 2 Minuten
Ricarda Twellmann

Zwei Studentinnen haben Biographien von Nazi-Opfern vertont. Als Grundlage für das Projekt „Stolpertonsteine” dienten historische Dokumente.

Hamburg. Das Leben von Heinrich Eugen Habitz endete am 6. Januar 1943 im KZ Mauthausen. Als homosexueller Mann, der sich unter dem Namen Liddy Bacroff prostituierte, galt er in der Welt des Dritten Reichs als „anormal” und als „nicht lebenswürdig”. Ein Stolperstein an der Simon-von-Utrecht-Straße 79 erinnert an den Mann, der sich als Frau kleidete, um seine Sexualität ausleben zu können. Jetzt kann der Stein „sprechen”. Im Rahmen des Projekts „Stolpertonsteine” haben die Studentinnen Marta Werner und Sarah Dannhäuser insgesamt 20 Biographien von Nazi-Opfern vertonen lassen. Über die Smartphone-App „Stolpersteine in Hamburg“ und auf der Internetseite www.stolpersteine-hamburg.de können die Dateien aufgerufen werden.

„Stolpertonsteine” ist eine Kooperation der beiden 24-Jährigen mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem Institut für die Geschichte der deutschen Juden. „Über die vertonten Biographien und persönlichen Dokumente wollten wir einen neuen Zugang zu den Schicksalen hinter den Stolpersteinen schaffen”, sagte Marta Werner gestern bei der Präsentation des bundesweit einmaligen Projekts. Ihnen sei vor etwa neun Monaten die Idee gekommen, die Geschichten der Verfolgten per Audio-Datei zu erzählen. „Wir haben uns an Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung gewandt und sie war sofort überzeugt”, erzählte Werners Kollegin Dannhäuser.

Die beiden jungen Frauen suchten besonders interessante und bewegende Geschichten heraus. Lasen alte Briefe und studierten persönliche Dokumente. Die fertigen Texte sprachen professionelle Sprecher ein. Darunter auch einige Prominente wie die NDR-Moderatoren Carlo von Tiedemann und Hubertus Meyer-Burckhardt.

Der Schauspieler Tim Kreuer verleiht Heinrich Eugen Habitz alias Liddy Bacroff eine Stimme. „Schon während dem Tanz bemerkte ich den leichten Druck seiner rechten Hand auf meinem Rücken! Unbewusst schaute ich öfters in seine Augen, und ,sobald er es bemerkte, schielte ein verlegenes Lächeln um seine Lippen. Stunde um Stunde war vergangen, noch öfters hatten wir beide getanzt. Wir hatten uns gefunden.” heißt es in einer Aufzeichnung, die der Transsexuelle während eines Gefängnisaufenthalts wegen homosexueller Handlungen verfasst hat.

Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung sagt, sie freue sich über eine Weitführung des Projekts. Es seien mittlerweile über 4.000 Stolpersteine in Hamburg verlegt worden. Stoff für Geschichten gebe es demnach mehr als genug.