Der Fondshandel an der Börse Hamburg feiert jetzt zehnjähriges Bestehen. Doch neue Regeln verändern den Markt drastisch.

Hamburg. Offene Immobilienfonds sind in die Krise geraten, doch an der Hamburger Börse erwartet man, dass sie eine neue Chance erhalten. "Wir glauben, dass es einen großen Bedarf für diese Fonds gibt und dass sie eine Zukunft haben", sagt Thomas Ledermann, Geschäftsführer der Börse Hamburg. "Anleger sollten ihr Kapital streuen, und dazu gehören auch Immobilien" - auch wegen des Schutzes vor höheren Inflationsraten. Sehr viele Privatanleger könnten oder wollten aber nicht direkt in Immobilien investieren. Für sie seien Fonds eine sinnvolle Alternative.

Daran ändert nach Auffassung von Ledermann auch die neue EU-Richtlinie mit dem Kürzel AIFM nichts, die von 2013 an gelten soll. Die Pläne der Bundesregierung zu ihrer Umsetzung sehen unter anderem vor, dass in Deutschland keine offenen Immobilienfonds mehr neu zugelassen werden und dass Fondsanteile der bestehenden Produkte nur noch mit einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten verkauft werden können.

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Dies werde zwar zunächst zu einer Verunsicherung bei den Privatanlegern führen, glaubt Ledermann. "Grundsätzlich begrüßen wir aber die Einführung von Haltefristen", sagt er. Dies erleichtere den Fondsgesellschaften die Kalkulation und könne zu attraktiveren Renditen für Anleger führen.

Neue Immobilienfonds können dem Gesetzentwurf zufolge nur noch in der Form geschlossener Fonds auf den Markt kommen. Aus ihnen jedoch kann ein Anleger nicht ohne Weiteres aussteigen, weil die Laufzeit festgelegt ist. "Da kann eine Börsennotierung dieser Fonds einen wichtigen Beitrag zur Flexibilität leisten", so Ledermann.

Das hat sich in den vergangenen Jahren bereits bei offenen Immobilienfonds gezeigt, die von den Kapitalanlagegesellschaften "eingefroren" wurden, bei denen der Rückkauf von Anteilen also gestoppt wurde, weil nicht mehr genügend flüssige Mittel vorhanden waren, um Anleger auszuzahlen.

Von den Anteilen an solchen Fonds konnten sich die Investoren nur über die Börse trennen, allerdings mit teils hohen Abschlägen vom sogenannten Inventarwert. "Die 'eingefrorenen Fonds' haben bei uns zeitweise regelrechte Umsatzschübe verursacht", erklärt der Börsenchef. "An manchen Tagen machten sie etwa die Hälfte des gesamten Fondshandels aus."

Aber auch bei den geschlossenen Fonds - unter anderem Schiffsfonds - steige die Anzahl der Handelsgeschäfte am Zweitmarkt stark. "Derartige Fonds sind eigentlich eine unternehmerische Anlage, in die man das Geld für eine bestimmte Frist investiert", sagt Ledermann. Aber die finanzielle Situation des Anlegers könne sich unvorhergesehen ändern: "Es hat sich gezeigt, dass ein zunehmendes Bedürfnis da ist, auch vor Ablauf der Frist aussteigen zu können. Dafür brauchen wir funktionierende, transparente Märkte."

Heute feiert der Handel in Investmentfonds an der Börse Hamburg zehnjähriges Bestehen. Die Hamburger waren in diesem Geschäft bundesweit der Pionier und sind gemessen am Umsatzvolumen noch immer Spitzenreiter. 4000 offene und 5000 geschlossene Fonds stehen inzwischen auf dem Kurszettel. Bis Ende August erreichte der Handelsumsatz bei den offenen Fonds 810 Millionen Euro, bei den geschlossenen waren es nominal knapp 90 Millionen Euro. In früheren Jahren war das Volumen deutlich höher, aber seitdem sind alle anderen deutschen Börsen auch in dieses Geschäft eingestiegen.

Vom Gesamtumsatz der Börsen AG (BÖAG), in der die Wertpapierbörsen Hamburg und Hannover zusammengeschlossen sind, machten Schuldverschreibungen im Schnitt der zurückliegenden Jahre rund drei Viertel aus, den Rest teilen sich Aktien und Investmentfonds ungefähr zur Hälfte. Insgesamt lagen die Handelsumsätze der BÖAG bis Ende August bei 19 Milliarden Euro und damit leicht über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.

Immer wieder hat die Hamburger Börse Aktivitäten gestartet, sich mit neuen Segmenten unabhängiger von dem Geschäft in den traditionellen Bereichen Aktien und Anleihen, in denen die Frankfurter Börse dominiert, zu machen. Eine solche Innovation ist auch ein Schwerpunkt für nachhaltige Geldanlage: Seit 2007 gibt es den "Global Challenges Index" (GCX), dem 50 Unternehmen angehören, die sich der Herausforderungen dieses Jahrtausends aktiv annehmen. "Es sind schon mehr als 100 Millionen Euro in Produkte investiert, die den GCX abbilden", sagt Ledermann.

Doch nicht jedes der neuen Segmente werde schnell ein Erfolg, räumt er ein. So startete Anfang 2011 ein neues Handelssegment speziell für mittelständische Unternehmen, an dem sie Aktien oder Anleihen platzieren können und darüber einen vereinfachten Zugang zum Kapitalmarkt erhalten. Doch offensichtlich sind die Anleger noch skeptisch und tun sich schwer damit, das damit verbundene Risiko einzuschätzen. "Die Idee ist aber wichtig und richtig", sagt Ledermann. "Dieser Markt wird sich entwickeln."