Wohngebiet rund um die Rotenhäuser Straße evakuiert. Immer wieder stoßen Sondierungsteams auf Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg.

Wilhelmsburg. 2000 Menschen mussten gestern in Wilhelmsburg ihre Wohnungen verlassen. Polizisten klopften an verschlossene Türen, immer wieder fuhren Sicherheitskräfte im 1000 Meter großen, sogenannten Warnradius umher und drängten die Anwohner dazu, ihre Häuser zu verlassen sowie Fenster und Türen zu schließen.

Der Grund: Gestern um 9.30 Uhr hatte das Kampfmittelbergungsteam einer privaten Firma bei Sondierungsarbeiten auf einer Baustelle eine britische Fliegerbombe entdeckt. Wo bald Wohnhäuser entstehen sollen, rückten also erst einmal Feuerwehrleute und Polizisten an, um die Gegend rund um die Rotenhäuser Straße in einem Sperrradius von 300 Metern zu evakuieren. "Auch die Wilhelmsburger Feuerwehrwache, in deren direkter Nachbarschaft der Blindgänger gefunden wurde, musste vorübergehend verlegt werden", sagte der Sprecher der Berufsfeuerwehr, Manfred Stahl. Hauptverkehrsstraßen mussten jedoch nicht gesperrt werden. Insgesamt 71 Anwohner - die meisten davon alt und gebrechlich - sind laut Feuerwehr mit Krankentransporten in Notunterkünfte gebracht worden.

Die Fliegerbombe mit Aufschlagzünder sei 500 Kilogramm schwer gewesen. "Unser Sprengmeister konnte den Zustand des Zünders nicht beurteilen, weshalb er die Bombe vor Ort entschärfen musste", sagt Stahl.

Gegen 15.30 Uhr begann die aufwendige Aktion. Die Bombe befand sich in etwa drei Meter Tiefe und lag unter Wasser, sodass Bergungskräfte den Blindgänger erst einmal anheben mussten. Sprengmeister Hermann Borelli sah sich mit einem 65 Jahre alten Zünder konfrontiert, den er herausdrehte. "So ein Gewinde ist dann natürlich nicht mehr neu, das kann auch manchmal länger dauern", erläutert Stahl die Schwierigkeit einer solchen Entschärfung. Den herausgelösten Zünder sprengte Borelli noch vor Ort. "Da war ein Knall zu hören - wie bei einem Feuerwerkskörper", so ein Feuerwehrmann.

So konnten die Sicherheitskräfte erst nach eineinhalb Stunden Entwarnung geben. Insgesamt verlief die Entschärfung der Bombe aber ohne größere Komplikationen. Der Blindgänger wurde anschließend fachgerecht entsorgt. Für den Einsatz waren rund 250 Feuerwehrmänner, Polizisten und Kräfte von freiwilligen Hilfsdiensten in Wilhelmsburg vor Ort.

Trotz der Aufregung: In Hamburg sind Bombenfunde keine Seltenheit Immer wieder stoßen Sondierungsteams in Baugruben auf die Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg. "Im Durchschnitt entschärfen wir jährlich rund 20 große Sprengbomben", sagt Peter Bodes, der Leiter des Hamburger Kampfmittelräumdienstes. Hinzu kommen etwa 500 kleinere Bomben, Granaten und andere Geschosse, die pro Jahr beseitigt werden müssen.

Besonders im Gedächtnis geblieben sein dürfte den Hamburgern kürzlich die Entschärfung auf St. Pauli, nachdem im Juni ein 250 Kilogramm schwerer Blindgänger auf einer Baustelle an der Großen Freiheit entdeckt worden war. Eine polnische Hochzeitsgesellschaft war in die Evakuierung geraten und durfte in Absprache mit der Feuerwehr trotzdem in der Pfarrei St. Joseph getraut werden. Erst danach begann die Entschärfung.