Der Fußballtrainer des VfL Wolfsburg ist Beiratsvorsitzender der Stiftung Phytokids. Die Initiative kümmert sich um vernachlässigte Kinder.

Hamburg. Felix Magath ist stark erkältet, seine Stimme klingt heiser, das Kratzen im Hals ist zu spüren. Beim Telefonieren muss er sich ständig räuspern. Und er muss viel telefonieren. Seine Frau ist am Apparat, sein Co-Trainer, ein Spielerberater, die Geschäftsstelle, wieder seine Frau, der nächste Spielerberater, jemand von VW, ein Journalist.

Der Termin an diesem kühlen Montagmorgen in Billstedt liegt Magath trotz des Stresses und der gesundheitlichen Unpässlichkeit am Herzen. Der Fußballtrainer des Bundesligaklubs VfL Wolfsburg ist mit dem Flugzeug aus München gekommen. Dort lebt seine Familie seit fast acht Jahren, seit seinem zweieinhalbjährigen Engagement beim FC Bayern. Am Wochenende hat er sie nach dem Spiel seiner Wolfsburger gegen Augsburg (1:2) für 35 Stunden besucht. "Wie immer viel zu kurz", sagt er.

Magath, 58, ist Ratsvorsitzender der Phytokids-Stiftung, die der Pharmaunternehmer Professor Michael A. Popp, 52, Vorstandsvorsitzender der Bionorica SE, 2007 zur Unterstützung kranker, einsamer und vernachlässigter Kinder vor allem in Osteuropa gegründet hat. Die Firma mit Sitz in Neumarkt (Oberpfalz) stellt pflanzliche Arzneimittel her. Phyto ist griechisch, heißt Pflanze.

In der Wohnunterkunft am Mattkamp 10, einer Einrichtung von f & w fördern und wohnen AöR (Anstalt öffentlichen Rechts), übergibt Magath einen fabrikneuen weißen VW-Multivan. Das Fahrzeug wird der Kinderschutzbund in Hamburg für sein Projekt "Mobile Frühe Hilfe" nutzen, einer Initiative für Schwangere und junge Mütter in Unterbringungen wie dieser. Im Pavillondorf am Mattkamp leben 350 Menschen aus mehr als 50 Nationen, darunter 47 Deutsche, Wohnungs- und Obdachlose. Das Projekt soll Frauen mit einem auf ihre Lebensumstände zugeschnittenen Beratungsangebot helfen, ihre Fähigkeiten in der Erziehung zu stärken.

Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) ist auch nach Billstedt gekommen. Sie bedankt sich für das Engagement der Phytokids-Stiftung und die "großzügige Spende" Magaths. Dem Trainer hatte VW-Chef Martin Winterkorn vor einem Jahr als Prämie für die Rettung des VfL Wolfsburg vor dem Abstieg aus der Bundesliga einen Bentley Cabrio versprochen. Magath tauschte die Nobelkarosse für sechs Volkswagen Multivans ein, die er jetzt nach und nach sozialen Institutionen übergibt, jenen, die Kindern helfen.

Magath hat aus zwei Ehen sechs Kinder, aus jeder drei, im Alter zwischen acht und 32 Jahren. "Da liegt es nicht fern, sich für die Bedürfnisse von Kindern einzusetzen, die bisher nicht so viel Glück im Leben hatten wie ich", sagt er. "Wenn wir ihre Lebensumstände ein bisschen verbessern können, wenn wir kranken Kindern helfen können, schneller gesund zu werden, und wenn wir einsamen Kindern ermöglichen, dass sie gemeinsam mit ihren Altersgenossen aufwachsen und spielen können, wäre schon einiges erreicht." Magath weiß, wovon er spricht. Seine Mutter war alleinerziehend, sie ging tagsüber arbeiten, um für den Unterhalt der Familie zu sorgen. Um den kleinen Felix kümmerten sich Nonnen der katholischen Kirche, und Magath sagt heute, dass er damals in Aschaffenburg "eine glückliche Kindheit hatte". Von der Zuwendung, die er einst von fremden Menschen erfuhr, "möchte ich jetzt ein wenig, so gut es geht, zurückgeben".

Der ehemalige HSV-Profi ist ein strenger Fußballlehrer. Er fordert von seinen Spielern Disziplin, Einsatzbereitschaft - und dass jeder bereit ist, an seine Leistungsgrenzen zu gehen, sich jeder jederzeit in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Wer ihm nicht bedingungslos folgt, findet sich alsbald auf der Auswechselbank, auf der Tribüne oder im Nachwuchsteam wieder. Seine Methoden hatten bislang Erfolg. Magath ist mit drei deutschen Meistertiteln und zwei Pokalsiegen der erfolgreichste Bundesligatrainer der vergangenen zehn Jahre. Menschen, die Magath privat gut kennen, sagen, dass er ein liebevoller, fürsorglicher Vater ist. "Bei aller Liebe, bei allem Verständnis, ohne Konsequenz funktioniert die bestgemeinte Erziehung nicht", sagt Magath.

Der Termin in Billstedt dauert 90 Minuten. Magath muss zurück nach Wolfsburg. Um 17 Uhr ist Training. Dass er gern länger in Hamburg geblieben wäre, verrät nicht nur sein Blick. "Hamburg ist eine wunderschöne Stadt, und irgendwann werde ich hierher zurückkehren", sagt er. Nicht als Trainer, das schließt er aus, "doch in einem Fußballklub gibt es ja noch andere Jobs". Zum Beispiel beim HSV den des Vorsitzenden. Magath lächelt. Das Taxi kommt.