Startschuss für 42 Millionen Euro teures Projekt im Alten Elbpark. Der Bohrer wurde nach Hamburgs Umweltsenatorin Blankau “Jutta“ getauft.

Hamburg. Das Teil heißt "Jutta" wie die Taufpatin, ist 30 Meter lang, sieht aus wie ein überdimensionales Rohr mit einem Rachen samt 40 spiralförmig angeordneten, feuerroten und praktisch unzerstörbaren Meißelzähnen. Von Montag an wird sich "Jutta" durch Hamburgs Untergrund graben und in bis zu knapp 30 Meter Tiefe ein neues Siel verlegen - Hamburgs neue Abwasserautobahn.

Der neue Kanal mit einem Durchmesser von 2,40 Metern ist Teil des Innenstadt-Entlastungskonzepts von Hamburg-Wasser, er soll dem bisherigen Abwassernetz Umleitungen bieten und, so gut es geht, verhindern, dass bei Starkregen die Wassermassen in den Isebekkanal fließen: Geplant ist, dass der Sielausbau solche Überläufe um 60 Prozent reduziert.

+++ Was wissen Hamburger über die Verschwendung von Wasser? +++

Die Wasser-Autobahn reicht vom Kaiser-Friedrich-Ufer im Norden, bis zum Stephansplatz im Nordosten und im Südwesten bis zum Pumpwerk Hafenstraße. Gestern fiel bei der traditionellen Taufe der Tunnelvortriebsmaschine am zentralen Bauschacht im Alten Elbpark der Startschuss für das Großprojekt, das rund 42 Millionen Euro kostet und in vier Abschnitten bis 2015 fertig gebaut werden soll. Jutta Blankau, Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, lieh der Vortriebsmaschine ihren Vornamen. Blankau zollte den Arbeitern, die das Siel verlegen, Respekt. "Die Tunnelbauer leisten wichtige Arbeit, die anspruchsvoll und nicht ganz risikofrei ist." In der Tat stellen sich den Sielgräbern einige Herausforderungen. So müssen die Arbeiten in 16 bis 27 Meter Tiefe unter Druckluft gemeistert werden, um Grundwasser von der Maschine fernzuhalten. Die Arbeit unter Tage ist langwierig. Pro Tag komme die 40 Tonnen schwere "Jutta" maximal zwölf Meter voran, sagte Bauleiter Frank Steinrücke.

Die Arbeit lohne sich, machte die Senatorin deutlich. Mit dem neuen Sielbauprojekt sei Hamburg deutlich besser gegen den durch Klimawandel zunehmenden Starkregen gewappnet: "Das Projekt ist gut fürs Gewässer, gut für die Natur und gut für die Anwohner." Auch Michael Beckereit, Hamburg-Wasser-Geschäftsführer, wies auf die Notwendigkeit der neuen Siel-Autobahn hin. In einer wachsenden Stadt wie Hamburg, wo nach den Vorstellungen des SPD-Senats pro Jahr mindestens 6000 neue Wohnungen entstehen sollen und immer mehr Flächen versiegelt werden, brauche es ein Abwassersystem, das die zunehmende Menge auch bewältigen könne.

Mit seinem Sielnetz erhielt Hamburg schon vor mehr als 100 Jahren ein für seine Zeit revolutionäres Kanalsystem. Ersonnen wurde es vom britischen Ingenieur William Lindley, dessen Plänen die Hamburger Ratherren erst zustimmten, nachdem der große Brand am 4. Mai 1842 mehr als 1000 Häuser rund um die Deichstraße zerstört hatte. Lindley legte einen Plan zum Wiederaufbau der Innenstadt und Einrichtung einer zentralen Wasserversorgung vor. Die Stadt beauftragte ihn mit diesem zukunftsweisenden Projekt.

Hamburgs Kanalisation ist von den von Lindley ursprünglich geschaffenen 300 auf 54 000 Kilometer Siele angewachsen. Durch den Bau der neuen Abwasser-Autobahn wird das Netz nun bis 2015 um weitere fünf Kilometer größer. Die Siele transportieren täglich im Schnitt 470 Millionen Liter Abwasser und 70 Millionen Liter Regenwasser.