Bürgermeister Olaf Scholz würdigte den Einfluss jüdischer Bürger auf Hamburg. Der Deutsche Gemeindetag 2012 war auch für die Köche lehrreich.

Hamburg. Für Bürgermeister Olaf Scholz war es ein erfreulicher Termin. "Gerade jetzt sollte man sich über die Selbstverständlichkeit freuen, mit der sich das jüdische Leben mit allen Facetten als Teil der Gesellschaft darstellt", sagte er am Sonntag im Hotel Atlantic. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte am Wochenende Mitglieder aller jüdischen Gemeinden Deutschlands zum Gemeindetag 2012 nach Hamburg eingeladen.

Vor den 240 Teilnehmern würdigte Olaf Scholz die politische, wirtschaftliche und kulturelle Gestaltung der Hansestadt durch Hamburger Juden. Viele Hamburger mit jüdischen Wurzeln hätten die Stadt geprägt. Er nannte den Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy und den Reeder Albert Ballin. Der Bürgermeister wünschte den Gemeinden einen "unspektakulär selbstverständlichen Alltag". Zugleich räumte er ein, dass dieser Wunsch nicht erfüllt sei, "solange Synagogen hierzulande Polizeischutz brauchen".

Die Teilnehmer erlebten in Hamburg ein umfangreiches Programm. Dazu gehörten zahlreiche Workshops, es wurde unter anderem auch über den Konflikt zwischen Israel und dem Iran diskutiert. Der Präsident des Russischen Jüdischen Kongresses, Yuri Kanner, berichtete über die Situation der Jüdischen Gemeinde in Russland. Am Freitagabend, zu Beginn des jüdischen Feiertags Sabbat, leitete Landerabbiner Shlomo Bistritzky den Gottesdienst in der Synagoge an der Hohen Weide.

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Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, zog am Sonntag ein positives Fazit. Er sprach von einem "Festival der neuen Vielfalt und Pluralität im Judentum". Der Gemeindetag habe das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Die Teilnehmer hätten über die Herausforderungen, vor denen sie stehen, miteinander sprechen können, vor allem aber über die Chancen. "Der neue jüdische Spirit muss uns tragen", sagte Graumann.

Unterdessen stellte der Gemeindetag 2012 die Mitarbeiter des Hotels Atlantic vor große Herausforderungen: "Die Vorbereitung hat etwa drei Monate gedauert, denn wir haben für unsere jüdischen Gäste ausschließlich koscher gekocht", sagt Chefkoch Thomas Wilken. Das heißt, es darf zum Beispiel kein Schweinefleisch serviert werden. Auch müssen Fleisch- und Milchprodukte getrennt voneinander zubereitet werden.

In die Lehre der koscheren Küche weihte Landesrabbiner Shlomo Bistritzky den Kochprofi ein. Ein Teil der Küche, wo ansonsten die Patisserie untergebracht ist, wurde zur "koscheren Küche" umfunktioniert.

Ein Mitarbeiter des Landesrabbiners stand der achtköpfigen Küchenbrigade mit Rat und Tat zur Seite. Es wurde extra für die Veranstaltung neues Porzellan besorgt. Denn wenn auf einem Teller schon einmal nicht koschere Produkte lagen, dann darf dieser nicht mehr benutzt werden. Am Sabbat, der von Freitag ab Sonnenuntergang bis Sonnabend, 23 Uhr, geht, durfte gar nicht gekocht werden. "Wir haben alles vorgekocht, sodass vor Sonnenuntergang alles fertig war", sagt Küchenchef Willken. Aber am Sabbat gelten noch viele andere Regeln. So dürfen keine Arbeiten verrichtet werden und keine Elektrik eingeschaltet werden. "Auch kein Lichtschalter", sagt Landesrabbiner Bistritzky. Aber er räumt auch lächelnd ein: "Nicht jeder Jude befolgt all diese Regeln."

Aber beim Gemeindetag 2012 wohl schon. Nach dem Gottesdienst am Freitag in der Synagoge an der Hohen Weide ging es zu Fuß zum Begrüßungsabend ins Curio-Haus an der Rothenbaumchaussee, danach ebenso ins Hotel Atlantic zurück. Denn Autofahren ist am Sabbat nicht erlaubt.