In zwei Hamburger Schwimmbädern hatte der Probebetrieb zum „Oben ohne“-Schwimmen begonnen. Das sagen die ersten weibliche Gäste.

  • Probebetrieb zum „Oben ohne“-Schwimmen hat im Mai im Kaifu und in Wandsbek begonnen
  • Prinzipiell ist das Interesse an dem neuen Angebot groß
  • Doch allein „oben ohne“ wollen die weiblichen Gäste nicht sein

Hamburg. Anfang Mai, 10.30 Uhr, ein trüber und kalter Morgen. Im Kaifu-Schwimmbad an der Hohen Weide in Eimsbüttel ziehen etwa 20 Menschen im Innen- und Außenbecken ihre Bahnen. Die Männer tragen Badehosen oder -shorts. Die Frauen Badeanzug oder Bikini. Ein ganz normaler Vormittag. Normalerweise wäre das allein keine Nachricht wert. Aber heute ist es eben anders. Denn seit diesem Dienstag dürfen Frauen im Kaifu-Bad ganz offiziell „oben ohneschwimmen.

Das hatte Bäderland in der vergangenen Woche bekannt gegeben. Konkret heißt das: Seit dieser Woche können Frauen sowohl im Kaifu-Bad als auch im Hallenbad Wandsbek ohne Brustbedeckung ins Wasser gehen – wenn sie es denn möchten. Das Ganze läuft derzeit noch als Testphase und nur an bestimmten Tagen, nämlich dienstags im Kaifu-Bad und donnerstags in Wandsbek.

Bäderland Hamburg: „Oben ohne“ im Kaifu – Ansturm bleibt aus

Zuvor hatte Bäderland die Gäste per Online-Umfrage nach ihrer Meinung befragt. Ganz eindeutig waren die Ergebnisse nicht, jedenfalls war kein starker Wunsch nach einer neuen Kleiderordnung davon abzuleiten. Aber immerhin: 47 Prozent der Befragten stehen der Frage des „Oben ohne“-Schwimmens zu ausgewählten Zeiten oder an bestimmten Standorten positiv gegenüber.

Zum Start der Testphase wurde im Eingangsbereich des Kaifu-Bads ein Schild aufgestellt, das auf die neue Möglichkeit hinweist. Es steht etwas an die Seite gerückt im Kassenbereich auf einem Stehtisch, sodass die meisten einfach daran vorbeigehen. Klar ist jedenfalls: Die neue Freiheit, jetzt auch „oben ohne“ ins Wasser zu gehen, sorgte am Dienstag nicht für einen großen Ansturm.

Bäderland: „Oben ohne“ im Kaifu – Bademeister wurden geschult

Bademeister Sammy Leverenz wundert das nicht. „Es wird sich aus meiner Sicht erst im Sommer und bei gutem Wetter im Freibadbetrieb zeigen, ob das Angebot von Interesse ist“, sagt der 47-Jährige. In der Vergangenheit sei es ohnehin schon so gewesen, dass beim „Oben ohne“-Sonnen auf der Liegewiese im Sommer niemand etwas gesagt habe.

Um auf etwaige Konfliktsituationen in dem Zusammenhang vorbereitet zu sein, sind alle Bademeister, die in den entsprechenden Bädern arbeiten, geschult worden. „Wir haben gelernt, wie wir mit möglichen Konfliktsituationen umgehen“, sagt Leverenz. „Sei es, dass sich eine Frau sexuell belästigt fühlt oder dass sich jemand an dem Anblick stört. Wir sind auf jeden Fall gut vorbereitet.“

Kaifu-Bad: Frauen wollen nicht allein „oben ohne“ sein

An diesem Dienstag gab es keinen Anlass dafür, einzuschreiten oder Konflikte zu lösen. Gegenüber dem Abendblatt sagten mehrere Besucherinnen, dass sie von der neuen Regelung noch nichts wussten – sie aber durchaus richtig und wichtig finden. „Denn letztendlich ist es ja bisher so gewesen, dass ein männlich geprägtes Frauenbild den Frauen vorschreibt, was sie tragen dürfen und was nicht“, sagt etwa die 21-jährige Lea.

Warum ein Freizeitbad jahrelang geschlossen werden muss

Eine Mini-Umfrage in der Umkleidekabine ergab: Alle würden prinzipiell auch gerne mal „oben ohne“ schwimmen – aber nicht, wenn sie die Einzigen seien. „Es würde das Gefühl bleiben, dass man angestarrt wird. Und das ist wirklich doof, denn dann macht man sich wieder davon abhängig, wie Männer womöglich darauf reagieren“, so Lea.

„Oben ohne“-Baden: In Göttingen schon seit einem Jahr

Ob sich das „Oben ohne“-Baden tatsächlich so weit etabliert, dass es nicht nur vereinzelt Frauen nutzen, ist unklar. Interessant ist in dieser Hinsicht der Blick auf andere Städte, in denen es solche Projekte schon seit Längerem gibt. Etwa in Göttingen. Dort startete vor genau einem Jahr ebenfalls das „Oben ohne“-Pilotprojekt, das zunächst auf drei Monate in allen Bädern angelegt war – allerdings nur am Wochenende.

Andreas Gruber, Geschäftsführer der Göttinger Sport und Freizeit GmbH, berichtet: „Nach drei Monaten haben wir beschlossen, das ,Oben ohne’-Angebot weiterzuführen.“ Wie die Resonanz gewesen sei? „Von Anfang an haben es nicht viele Frauen genutzt. Aber es sind immerhin schätzungsweise zwei bis drei Frauen pro Tag und pro Bad, die ,oben ohne‘ schwimmen.“ Ob es Konflikte deswegen gab? „Nein, es ist alles friedlich gelaufen“, sagt Gruber.

„Oben ohne“-Baden: Erster Vorstoß kam von der SPD in Eimsbüttel

In Hamburg wird das Thema seit etwa einem Jahr verstärkt diskutiert. Grund dafür war ein Vorstoß der SPD-Bezirksfraktion Eimsbüttel, die im vergangenen Sommer beschloss, dass das Schwimmen ohne Brustbedeckung auch für Frauen grundsätzlich im Schwimmbad möglich sein sollte. Im nächsten Schritt sollte es darum gehen, „die Badeordnung anzupassen und endlich Klarheit zu schaffen“, sagte Paulina Reineke-Rügge, wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Eimsbüttel, damals.

Über die neuen Badregeln bei Bäderland freut sich die Bezirkspolitikern nun: „Es ist gut, dass Bäderland endlich seine Blockade aufgibt und dem bundesweiten Beispiel vieler Städte folgt. Die große Mehrheit unterstützt auch in Hamburg das ,Oben ohne’-Schwimmen“, so Reineke-Rügge. Fast zehn Prozent der Betroffenen würden dieses Angebot nutzen wollen.

Aber sie sagt auch: „Natürlich bleibt die Frage offen, warum gleiche Rechte nur an einzelnen Tagen ermöglicht werden, und wirkliche Gleichberechtigung kann es nur geben, wenn an sieben Tagen die Woche nicht zwischen den Körpern unterschieden wird.“ Das Pilotprojekt sei aber ein guter Schritt in die richtige Richtung. „Bäderland wird sehen, dass nackte Brüste, egal von wem, das Badeerlebnis nicht beeinträchtigen.“