Pick-Alarm in Hamburg

Experte erklärt: Darum attackieren Krähen Menschen

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Merja Schubert

In Harvestehude haben Krähen Passanten angegriffen. Warum die Vögel angriffslustig sind und wie sich Attackierte am besten verhalten.

Hamburg. Für die Betroffenen war es ähnlich wie in dem Hitchcock-Film „Die Vögel“: Im Sturzflug flogen am Montag in Harvestehude Krähen auf Passanten nieder, attackierten sie mit Krallen und Schnäbeln. Auch vor Polizisten machten die Vögel nicht Halt, immer wieder pickten sie auf die Beamten ein. Doch was treibt die Tiere dazu, es ab und an mit den doch körperlich deutlich überlegenen Menschen aufzunehmen?

„Die Elternvögel haben angegriffen, weil sich die Menschen dem Jungvogel genähert haben“, erklärt der Hamburger Ornithologe Guido Teenck. Der kleine Vogel war aus dem Nest gefallen. Da er noch nicht fliegen konnte, musste er am Boden ausharren und spazierte durchs Gras. Immer wieder näherten sich unwissende Fußgänger dem Jungtier - und lösten damit bei den Eltern Alarmstufe Rot aus. „Sobald die Eltern eine Gefahr für ihr Junges sehen, fliegen sie Schein- oder manchmal sogar Echtangriffe.“

Krähen-Attacken kommen in Hamburg jährlich zwei, drei Mal vor

Die Zeit im Mai sei typisch für solche Attacken, denn in dieser Zeit ziehen die Vögel ihre Jungen groß. Dass die Tiere ausgerechnet dort brüten, wo viele Menschen unterwegs sind, wundert den Vogel-Experten nicht. „Krähen sind sehr intelligente Tiere. Sie sichern sich Plätze, an denen sie schnell an Nahrung kommen.“ Besonders in Parks stauben die Vögel oft Abfälle ab - eine ergiebige Nahrungsquelle. Wirklich häufig nehmen es die Rabenkrähen allerdings nicht mit Menschen auf. „Das kommt in Hamburg zwei, drei Mal im Jahr vor, was bei 5000 Rabenkrähenpaaren wirklich selten ist.“

Während der Brutzeit sind die Rabenkrähen paarweise zusammen. In dieser Zeit entwickeln die Tiere außerdem ein besonders soziales Verhalten. „Was ihre Jungvögel angeht, sind sie sehr besorgt“, erklärt Teenck. Sehen sie ihren Nachwuchs bedroht, fahren sie die Krallen aus - doch wirklich verletzt wird dadurch nur selten jemand. „Meistens fliegen sie nur Scheinangriffe und versuchen so, den potenziellen Angreifer zu vertreiben.“ Von ernsthaften Verletzungen habe Teenck noch nichts gehört.

Ein aus dem Nest gefallener Vogel muss nicht zwingend gerettet werden

Doch wie verhält man sich bei einer Krähen-Attacke richtig? „Wenn man das Jungtier am Boden sieht: am besten einen großen Bogen darum machen,“ rät der Experte. Doch wenn es schon zu spät und man mitten in der Krähen-Attacke steckt, hilft nur noch eins: Hände über den Kopf und zügig weitergehen. Denn es ist nicht nur so, dass die Vögel gerne mal zuhacken. „Manchmal haben sie auch nicht so nette Ausscheidungen, die auf dem Kopf landen - und das ist dann unangenehm.“

Von einem rät Teenck ganz klar ab: davon, das Jungtier zwanghaft retten zu wollen, wenn es aus dem Nest gefallen ist. Denn das sei für den Vogel nicht immer das beste. „Elternvögel füttern ihre Jungen auch weiter, wenn sie am Boden sind. Und dort erlernen sie auch das Fliegen.“ Wildes Gepiepse, das man oft von aus den Nestern gefallenen Jungvögeln höre, sei nicht zwingend ein Hilferuf - sondern ein Signal für die Elternvögel um zu zeigen, wo man nun sein Futter empfangen möchte. Eingreifen sollte der Mensch erst, wenn das Tier offensichtlich verletzt ist - oder die Eltern über mehrere Stunden hinweg nicht zu ihrem Nachwuchs zurückgekehrt sind.

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