Der Rechtsstreit der Betreiber des Tierparks Hagenbeck verschlingt monatlich einen sechsstelligen Betrag. Nun ging es vor Gericht um Pinguine aus Japan.

Hamburg. Der Streit in der Führungsetage des Tierparks Hagenbeck spitzt sich weiter zu. Am Freitag ging es vor dem Hamburger Landgericht aber nicht nur um Macht, verletzte Eitelkeiten und Geld, sondern auch um Tiere. Genauer gesagt um zwölf Zügelpinguine. Richter Karsten Nevermann vom Landgericht musste eine Antwort auf die Frage finden: Soll Hagenbeck für rund 228.000 Dollar Pinguine für das Eismeer kaufen oder nicht? „Das muss eigentlich die Geschäftsführung des Unternehmens entscheiden“, befand der Richter. Weil die zerrüttete Doppelspitze, bestehend aus Claus Hagenbeck und Joachim Weinlig-Hagenbeck, jedoch seit Monaten nicht miteinander spricht, wurde die Causa Pinguin im Sitzungssaal 227 des Landgerichts entschieden. Die Entscheidung: Die Tiere bleiben in einem Zoo in Japan.

Claus Hagenbeck, langjähriger Tierparkchef und seit 2012 wieder einer der zwei Geschäftsführer, erschien persönlich vor Gericht und argumentierte leidenschaftlich für den Kauf der Pinguingruppe. „Das ist unsere Philosophie seit mehr als 100 Jahren. Wir wollen Tiere zeigen. Aber das ist doch armselig, was wir zurzeit im Eismeer präsentieren.“ Momentan leben in der naturnah gestalteten Anlage 19 Esels- und sechs Königspinguine. Platz für weitere Tiere wäre ausreichend vorhanden. Da käme Claus Hagenbeck die in Japan befindliche Gruppe von Zügelpinguinen gerade recht, würde nicht die kaufmännische Seite der Geschäftsführung den Kauf blockieren. „Eine einmalige Gelegenheit ist das“, sagte Claus Hagenbeck, schließlich könne man Pinguine nicht einfach im Internet ordern. Die Tiere würden dringend gebraucht, um einen realen Eindruck des Pinguinlebens in freier Natur vermitteln zu können. Der Zügelpinguin sei besonders aktiv und damit attraktiv für die Besucher. Außerdem sei jeder Pinguin ein Koloniebrüter, der ein gewisses Gedränge braucht, um sich wohl zu fühlen und in Brutstimmung zu kommen. Die Gegenseite verwies auf die teuren Anschaffungskosten, das Geld werde für andere Projekte gebraucht. Zudem sei bisher ungeklärt, ob die Tiere überhaupt eine Zuchtgruppe sind, von der Nachwuchs zu erwarten ist.

Die Pinguine sind allerdings nur ein kleines Kapitel in dem seit über einem Jahr währenden Streit an der traditionellen Doppelspitze bei Hagenbeck. Geht es in Wirklichkeit überhaupt um die tierischen Frackträger? „Herr Weinlig-Hagenbeck greift in meine Kompetenzen ein und will mich ausbremsen“, sagte Claus Hagenbeck. Das sei „grob missbräuchlich“. Noch dazu sei im Unternehmen ausreichend Geld vorhanden. Er wisse von rund zehn Millionen Euro an freien Rücklagen, und auch bei dem Bau des 20 Millionen Euro teuren Eismeeres sei Geld für die Beschaffung von Tieren eingeplant worden. Richter Karsten Nevermann folgte der Argumentation geduldig und betrachtete interessiert von Claus Hagenbeck vorgelegte Fotos von dicht an dicht stehenden Pinguinen in der Antarktis und vereinzelt stehenden Pinguinen im Eismeer bei Hagenbeck. „Ich war mit meiner Familie auch schon im Eismeer“, erzählte er. Sehr beeindruckt sei er gewesen, hätte aber auch das Gefühl gehabt, es dürften ruhig ein paar mehr Tiere sein. Dann lehnte er sich zurück und fasste die Situation mit einem Satz zusammen: „Das ist doch alles sehr traurig.“

Stille im Saal. Dann appellierte der Richter an beide Seiten: „Irgendwann müssen Sie doch mal miteinander reden. Dazu muss jede Seite über ihren Schatten springen.“ Beide Parteien müssten im Interesse des Unternehmens zurückstecken, so der Richter, „denn sie schädigen sich doch gegenseitig“. Das ist tatsächlich so. Der Gesellschafterstreit verschlingt nach Angaben der Rechtsanwälte von Joachim Weinlig-Hagenbeck einen sechsstelligen Betrag – monatlich. Dazu kommen Imageverlust und ausbleibende Spenden und Nachlässe, deren Auswirkung sich noch gar nicht absehen lassen.

Nach mehr als einem Jahr erbittertem Streit ist nun aber ein Lichtstreif am Horizont in Sicht. Nachdem im Juni vor dem Landgericht entschieden worden war, die Geschäftsführer ihrer Ämter zu entheben und beide Seiten dagegen Berufung eingelegt hatten, soll es in einigen Tagen einen Gesprächstermin mit Richter Hans-Hermann Lauenstein vom Oberlandesgericht geben. Richter Nevermann ist überrascht: „Ein Gespräch, zu dem beide Geschäftsführer erscheinen? Das ist eine große Chance.“