Die Firma Stulz hat sich auf Klimaanlagen für große Computer von Facebook oder Microsoft spezialisiert. Weltweit belegen die Hamburger Rang zwei.

Hamburg. Es ist nur ein unscheinbarer Raum an der Seite einer Produktionshalle. Dort wirft ein Beamer Zahlenkolonnen an eine der vier bis fünf Meter hohen Wände. Doch die Daten sind entscheidend - entscheidend für Großaufträge. Im Test zeigen die Skalen Werte für den Energieverbrauch und die Kühlleistung einer Klimaanlage des Hamburger Herstellers Stulz und dokumentieren, wie ihr Einsatz die Lufttemperatur und -feuchte im Raum verändern würde. "Wir können Temperaturen zwischen minus 20 und plus 55 Grad simulieren und zeigen, wie unsere Anlagen dies ausgleichen", erklärt Stulz-Technik-Geschäftsführer Bretislav Sklenak.

Kunden wie IBM, Facebook oder Microsoft, deren hochsensible Server von Stulz-Präzisionsanlagen gekühlt werden, wollen das ganz genau wissen. Denn ihre Rechenzentren brauchen stets 21 bis 24 Grad, um reibungslos zu funktionieren. "Können wir das vorführen, werden Aufträge für die bis zu 150 000 Euro teuren Anlagen unterschrieben", weiß der aus Tschechien stammende Maschinenbau-Ingenieur, der vor zwei Jahren in die Geschäftsführung der Hamburger wechselte.

Mit seinen Präzisionsklimaanlagen hat sich der Anlagenbauer Stulz in einem Markt festgesetzt, der weltweit für 1,12 Milliarden Euro Umsatz steht und verlässlich wächst. Denn: Je häufiger sich Kunden über neue Apps Daten auf ihr Handy oder ihren Tablet-Computer laden, je mehr Filme abgerufen oder je mehr telefoniert wird, desto mehr immer leistungsfähigere Server sind notwendig - und die müssen gekühlt werden. Mit einem Anteil von 21 Prozent an den jährlich verkauften Geräten haben die Experten von Stulz, die in diesem Bereich 250 Millionen Euro erlösen, weltweit Platz zwei erobert. Größer ist nur Emerson Network Power, ein Hersteller aus Kalifornien.

Genau wie die Amerikaner sind die Hamburger mit Sitz im Stadtteil Schnelsen aber global aufgestellt. Büros gibt es in 110 Ländern, dazu kommen 15 Tochtergesellschaften und außer Hamburg weitere vier Produktionsstandorte im Ausland, darunter auch in den USA, in Indien oder China.

Zweites großes Standbein ist der Vertrieb der von Mitsubishi Heavy Industries gefertigten Klimaanlagen für Privatwohnungen, Büros und Hotels. Ihn hat sich Stulz seit mehr als 40 Jahren nicht nur für Deutschland, sondern auch für Österreich, die Niederlande und die Schweiz gesichert. "Auch bei den Komfort-Klimaanlagen gehören wir zu den drei größten Anbietern", sagt Jan Philipp Brammer, der den Verkauf der Mitsubishi-Anlagen für Deutschland leitet. Zusammen mit dem Geräte-Service werden hier noch einmal 80 Millionen Euro erlöst. Insgesamt kommt die Stulz Klimatechnik mit ihren 1900 Beschäftigten so auf 330 Millionen Euro Umsatz. Für 2012 peilt Sklenak ein Plus um fünf Prozent an.

Auf den Bau der Anlagen für die Rechencenter hatte sich das Unternehmen bereits 1971, vor mehr als 40 Jahren, spezialisiert. Dabei ging die Firmenidee des Gründers Albert Stulz sen. zunächst in eine ganz andere Richtung. So brachte er 1947 in Hamburg mit der "Piccolo" ein Haushaltsgerät heraus, dessen Antrieb sowohl für einen Staubsauger als auch für Bohnerbesen oder Küchenmaschinen genutzt werden konnte. Ein Riesenerfolg. So fragen noch heute Kunden nach Ersatzteilen und erhalten Hilfe aus Schnelsen, obwohl der Hausgerätebereich schon vor Jahren weiterverkauft wurde.

Geblieben ist die Familie. Heute leitet Jürgen Stulz die Klimatechnik in zweiter Generation. Sein Bruder Albert ist der Chef von Montaplast, die Stulz 1959 als Automobilzulieferer für Kunststoffteile gegründet hatte. Die aus Nordrhein-Westfalen geführte Firma zählt ebenfalls zur Stulz-Holding.

In der Hamburger Zentrale ist Stulz-Technik-Chef Sklenak jetzt im Werk unterwegs, das mit Millioneninvestitionen für den globalen Wettbewerb fit gemacht wird. So flossen allein 750 000 Euro in die Fertigung der Rohre, durch die später das Kühlwasser der Klimaanlagen geleitet wird. Die Rohrlängen werden EDV-gestützt geschnitten, das Kupfer mit Spezialmaschinen gebogen. Denn jedes Einlöten von Winkeln würde Zeit kosten und wäre damit weniger effizient.

Einige Hallen weiter steht eine Fließfertigung für kleine Klimaanlagen, in der die Geräte in der Produktion automatisch vorgeschoben werden. "Niemand muss mehr schwere Lasten heben oder sich bücken", erklärt Sklenak und freut sich über ein Produktionsplus von 30 Prozent seit der Inbetriebnahme im November. Ähnlich sollen gleich gegenüber von August an 13 Meter lange Großanlagen gebaut werden. "Durch die modernen Anlagen beträgt unser Personalaufwand nur zehn Prozent der Fertigungskosten", sagt der 57-jährige Manager. Das macht die Hamburger auch hier wettbewerbsfähig.

Als neue Absatzmärkte hat das Stulz-Marketing jetzt verstärkt Russland, Polen, den Mittleren Osten oder Skandinavien im Visier. Denn bundesweit ist die Konkurrenz so scharf, dass Roger Bellof, der Vertriebschef für Deutschland, nur etwa 20 Prozent der rund 10 000 in Hamburg jährlich gefertigten Klimaanlagen absetzen kann. Dazu kommt eine neue Lage in Ostasien, da die Staaten dort immer häufiger mit Geräten aus China versorgt werden.

Insgesamt stehen die Zeichen aber auf Expansion: In Schnelsen sucht Stulz Ingenieure für Maschinenbau und Thermodynamik sowie Servicetechniker. Auch die Belegschaft in der Produktion soll in den nächsten drei Jahren um zehn bis 15 Werker auf knapp 160 ausgebaut werden. Neben dem Werk und der im November 2011 neu bezogenen Verwaltung, in denen insgesamt 490 Menschen beschäftigt sind, hat die Gesellschaft zudem vorsorglich 35 000 Quadratmeter Land erworben. Dort könnten künftig weitere Montagehallen entstehen. "Das wäre", sagt Manager Sklenak mit Blick auf das Brachland, "ein Wunschtraum."