Curslack. Vor 20 Jahren wanderten die Mitglieder der Vier- und Marschlande nach Stormarn ab. Jetzt gibt es einen neuen Ortsverband. Die Gründe.

In den Vier- und Marschlanden ist nach mehr als 20 Jahren erstmals wieder ein Ortsverband des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) ansässig: Der neu gegründete Ortsverband Vier- und Marschlande setzt sich vor allem aus Mitgliedern des Ortsverbandes Curslack-Neuengamme zusammen, der um die Jahrtausendwende nach Streitigkeiten innerhalb des Verbandes nach Schleswig-Holstein abgewandert war. Nun treffen sich die Aktiven des gut 500 Mitglieder starken Ortsverbandes regelmäßig in Clausen’s Vierländer Landhaus am Curslacker Heerweg 2 a.

Mitglieder der Vier- und Marschlande sollten mit Harburg fusionieren

„Um die Jahrtausendwende gab es im Hamburger Landesverband eine Diskussion darüber, wie er sich neu aufstellen sollte“, erinnert sich Karin Wöhrmann (63), seit 25 Jahren Geschäftsführerin des Landesverbandes Hamburg. Bis dato gab es sieben Kreisverbände in der Hansestadt – darunter Bergedorf – , denen gut 30 Ortsverbände zugeordnet waren. Die Zahl der Kreisverbände wurde damals auf drei reduziert, woraufhin Bergedorf und Harburg im Kreis Süd fusionierten.

Das gefiel den Ortsverbänden Kirchwerder, Bergedorf-West und Curslack-Neuengamme nicht. „Sie hatten das Gefühl, an Mitspracherecht einzubüßen“, sagt Karin Wöhrmann. Auch der damalige Kreisverband Bergedorf ärgerte sich über seiner Meinung nach gesunkene Entscheidungsmöglichkeiten, zudem wollten die Mitglieder Fahrten zu Treffen in Harburg vermeiden. Auch „zwischenmenschliche Aspekte“ hätten laut Karin Wöhrmann eine Rolle gespielt.

Drei Ortsverbände schlossen sich Stormarn an

Mitglieder des Kreisverbandes Bergedorf wechselten trotz ihres Protests in den neuen Süd-Verband, aber die drei aufrührerischen Ortsverbände des Bezirks traten aus dem Landesverband Hamburg aus – und unterstellten sich dem Landesverband Schleswig-Holstein mit seinem Kreisverband Stormarn.

Ihre Namen behielten sie. „Das wurde damals vom Bundesverband abgenickt, ein einmaliger Vorgang in der über 100-jährigen Geschichte des SoVD“, sagt Karin Wöhrmann. Damals sei politisch so entschieden worden, um die Mitglieder nicht ganz zu verlieren.

Einzelgespräche mit allen Mitgliedern geführt

Die Beratungen waren fortan meist in Schleswig-Holstein, deshalb mussten die Vorsitzenden der abtrünnigen Ortsverbände aufgrund deren Neuzuordnung regelmäßig zu Sitzungen des Kreisverbandes und zu Weiterbildungen nach Bad Oldesloe reisen.

„Das waren weite Wege, viel Fahrerei“, sagt Christoph Mühlenfeld (71), seit 2010 Vorsitzender des Ortsverbandes Curslack-Neuengamme und heute an der Spitze des neugegründeten Ortsverbandes Vier- und Marschlande. Mühlenfeld: „Viele Mitglieder waren 60 plus, meist Rentner, oft gesundheitlich eingeschränkt. Diese längeren Touren empfanden viele als unangenehm.“

Rückkehr nach Hamburg war nicht einfach

Die Rückkehr des Ortsverbandes Curslack-Neuengamme nach Hamburg sei nicht einfach gewesen, berichtet Mühlenfeld: „Aber wir gehören nach Hamburg. Die Geschichten von damals sind lange her, das muss man nun vergessen.“ Nun hätten die Mitglieder wieder kürzere Wege und könnten sich etwa im DGB-Haus am Serrahn rechtlich von Juristen des SoVD beraten lassen.

Die Rückkehr in die alte Heimat hatte Mühlenfeld initiiert: Er führte mit allen 92 Mitgliedern seines Ortsverbandes über Wochen Einzelgespräche – mit Erfolg: 65 von ihnen meldeten sich um. „Daraufhin wurde der neue Ortsverband gegründet.“

Neuer Ortsverband hat 500 Mitglieder

In ihm sind nun auch „Einzelmitglieder aus der Region Bergedorf“ beheimatet, sodass er auf „gut 500 Mitglieder“ kommt, weiß Karin Wöhrmann. Zuvor hatte sich Mühlenfeld aus Protest dagegen, dass die Mitglieder bei seinem Plan nicht mitzogen, bei einer Hauptversammlung im März als Vorsitzender nicht wieder zur Wahl gestellt – „gemeinsam mit dem restlichen Vorstand“.

Der Kreisverband Stormarn habe die Curslacker und Neuengammer nicht abgeben wollen, habe sich laut Mühlenfeld gegen den Landeswechsel des Ortsverbandes vehement gewehrt. „Hinter den Kulissen ist viel passiert.“ Denn: Je größer ein Kreisverband ist, desto besser ist seine finanzielle Ausstattung und desto höher seine Bedeutung. Der 1948 gegründete Ortsverband Curslack-Neuengamme sei „jetzt wohl in Auflösung“, meint Karin Wöhrmann.

Treffen in Clausens’s Vierländer Landhaus

Der neue Ortsverband erarbeite derzeit Angebote wie Ausfahrten und Spielenachmittage, berichtet die Landesgeschäftsführerin. In Clausen’s Vierländer Landhaus am Curslacker Heerweg 2 a gibt es Treffen im Zweimonatsrhythmus, bei denen auch Gäste begrüßt und Vorträge gehalten würden.

Der Ortsverband Bergedorf-West existiert inzwischen nicht mehr: „Er wurde vor einigen Jahren aufgelöst, weil sich keine Nachfolger für den Vorstand fanden“, sagt Mühlenfeld. Die Mitglieder wurden dem Ortsverband Kirchwerder zugeteilt, der heute exakt 173 Mitglieder zählt. Er plane keine Rückkehr nach Hamburg, sagt Karin Wöhrmann.

Der Hamburger SoVD zählt rund 24.500 Mitglieder, bundesweit bringt es der Verein, der sich für die Stärkung der sozialen Rechte einsetzt, auf knapp 600.000 Mitglieder.