Altengamme. Jochen Liske ist Professor für beobachtende Astronomie an der Hamburger Sternwarte auf dem Gojenberg und der Universität Hamburg im Fachbereich Physik. Er lebt heute in Altengamme, hat beruflich an vielen Orten der Erde Station gemacht. Doch sein eigentliches Ziel ist das Weltall.
Der gebürtige Bielefelder, der in Düsseldorf aufwuchs, wäre gern Astronaut geworden. Deshalb hatte sich Liske im Jahr 2008 bei der European Space Agency (ESA) beworben, wurde aber nicht genommen. „Alexander Gerst war unter den Mitbewerbern und wurde ausgewählt“, erinnert er sich.
Im Alter von 14 Jahren begann Liske sich besonders für die Astrophysik zu interessieren. Er wollte wissen, wie die Welt um ihn herum funktionierte und hat viel darüber gelesen. „Doch die meisten Artikel hörten an der Stelle auf, wo es für mich interessant wurde. Ich bin als Jugendlicher viel gesegelt und fand es da spannend, mithilfe der Sterne navigieren zu können“, sagt Liske.
Der Wissenschaftler sei „einfach neugierig auf das Thema, auf die nicht belebte Welt“. Keine Frage, dass er sich als junger Mensch für das Physikstudium entschied. „Jedes Semester habe ich gemerkt, dass es mir wirklich viel Spaß macht und je länger ich studierte, desto mehr wuchs die Freude an dieser Wissenschaft“, sagt Liske.
Auf das Beobachten beschränkt
Sein Fachgebiet ist die beobachtende Astronomie. Bei den Physikern würde es Experimentalphysik heißen, aber da Astronomen keine Experimente machen können, ist es die beobachtende Astronomie. „Wir können ja keinen Stern nehmen und den manipulieren, um zu gucken, was dann passiert. Wir sind darauf beschränkt, das Universum so zu beobachten, wie es nun mal ist“, erläutert der Astrophysiker.
Die Erkenntnisse dieser Wissenschaft wirken sich nicht direkt auf die Menschen aus. Aber ab und zu ließen sich technische Entwicklungen der Astronomie auf andere Bereiche übertragen. „Beispielsweise kommt die Technologie des WLAN aus der Radioastronomie.“ Sie sei aber eher ein Zufallsprodukt.
„Unser Ziel ist es, Erkenntnisse darüber zu bekommen, welchen Zusammenhang das Leben auf der Erde mit dem Universum hat. Dieses Wissen hat Einfluss auf die Weltbilder des Menschen. Heute haben wir ein anderes Weltbild als die Menschen vor 400 Jahren“, sagt der Physiker. „Ohne Astronomie wüssten wir nicht, dass noch viel mehr Planeten existieren. Das Wissen, dass es noch andere Planeten, als die im Sonnensystem gibt, haben wir übrigens erst seit rund 25 Jahren. Die moderne Wissenschaft hat uns gezeigt, dass der Mensch nur ein Zufallsprodukt im Universum ist. Ich finde es sehr spannend, diese Verbindung herzustellen.“
So ist es die Frage, die ihn besonders interessiert, die, ob es noch anderes Leben im Universum gibt. „Wir sind auf dem besten Weg, dies zu beantworten. Ich schätze, dass ich das sogar noch erlebe, wir brauchen dazu nur Geld und die Technologie. Denn was wir tun müssen, wissen wir, und wo wir suchen müssen auch“, sagt der 49-Jährige.
Der Professor moderierte zwei Jahre eine Fernsehsendung
Liske arbeitet mit einem internationalen Team zusammen. Videokonferenzen, die in den Zeiten des Homeoffice immer mehr genutzt werden, waren für ihn schon lang eine willkommene Möglichkeit, sich auszutauschen. Von 2007 bis 2015 hat der Forscher auch an zwei Video-Podcasts mitgewirkt: Hubblecast und ESOcast. „Der Gründer von Red Bull und Inhaber des Fernsehsenders Servus TV, Dietrich Mateschitz, hatte diese Onlineserien gesehen. Er wollte eines der Formate für das Fernsehen haben“, sagt der Wissenschaftler. Die Fernsehsendung wurde von 2012 bis 2018 sonntagabends ausgestrahlt. In den ersten beiden Jahren moderierte Liske die Sendung mit dem Namen „Hubble – Mission Universum“.
Jochen Liske hat sein Hobby zum Beruf gemacht, doch in seiner Freizeit ist die Familie für ihn das Wichtigste. Mit seiner Frau und den beiden Töchtern (9 und 11) lebt er in Altengamme. „Ich bin in einem Dorf groß geworden. Ich mag es hier. Für die Kinder ist es Freiheit, auf dem Dorf zu leben und wir sind trotzdem nah an der Großstadt“, sagt der Familienvater.
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