Von Lena Diekmann

Billwerder.
Massiv gebaut aus Holz und Metall hält es jedem Wetter stand. Die Lobby hat rund um die Uhr geöffnet, Zimmer aus Gips bieten Platz für mindestens 50 gefiederte Gäste. Schon im kommenden Jahr soll das "Schwalbenhotel" eröffnen. Geeignete Standorte in den Vier- und Marschlanden werden noch vom Naturschutzbund (Nabu) gesucht. Eine geeignete Produktionsstätte für die Hotels ist aber bereits gefunden. In den kommenden Monaten sollen sie in einer Werkstatt der Justizvollzugsanstalt Billwerder gebaut werden.

Damit startet eine neue Kooperation zwischen Nabu und JVA. Für Dr. Christian Gerbich, Nabu-Gebietsbetreuer für Bergedorf, ist sie eine logische Kombination. Denn das Geld für die Schwalbenhotels stammt aus dem Bußgeldfonds der Stadt Hamburg. Darin landen Gelder, die bei Bewährungsauflagen und bei der Einstellung von Strafverfahren verhängt werden.

4000 Euro wurden nun dem Nabu zugesprochen, wovon zwei bis drei Schwalbenhotels sowie fünf Rohlinge für einen Storchenhorst angefertigt werden sollen. Einrichtungen, die sich für die Ausschüttung der Gelder aus dem Bußgeldfonds bewerben, müssen einige Voraussetzungen erfüllen, vor allem eines: gemeinnützig sein.

Auch die JVA Billwerder ist schon seit längerer Zeit um gemeinnützige Aktionen bemüht. So wurde nach dem Elbehochwasser in Lauenburg bereits geholfen, die Flutschäden aufzuräumen. Auch beim Müllsammeln im Rahmen der Aktion "Hamburg räumt auf", waren Häftlinge aus Billwerder dabei. Die Teilnahme hat einen besonderen Anreiz: "Die Strafgefangenen haben die Chance, schneller aus dem Vollzug entlassen zu werden", sagt Ullrich Quietzsch, Leiter der Haftanstalt.

Häftlinge und JVA profitieren von der Arbeit

Allerdings ist diese Möglichkeit bestimmten Häftlingen vorbehalten: "Zehn Prozent unserer Strafgefangenen haben eine Geldstrafe nicht bezahlt und müssen die Tagessätze hier absitzen", sagt Ullrich Quietzsch. Denn nach mehreren Mahnungen, die unbeachtet auf der Ablage oder im Müll landen, heißt es dann: ab ins Gefängnis. Allerdings sind die Kosten, einen Häftling in der JVA unterzubringen, mit 164 Euro pro Tag oftmals höher als die Summe, die vom Insassen täglich "abgesessen" werden muss. Daher lohnt es sich auch für die Justizbehörde, wenn die Insassen die JVA schnell wieder verlassen. Zudem verringern die Insassen die Gefahr, womöglich die Arbeitsstelle oder Wohnung zu verlieren. "Ein Tag gemeinnützig geleistete Arbeit ersetzt einen Tagessatz", sagt Ullrich Quietzsch. "Die Inhaftierten, die für das Projekt geeignet sind, freuen sich, vernünftige Aufgaben zu übernehmen und ihre Zeit in Haft sinnvoll zu nutzen", sagt Justizvollzugsbeamter Achim Niemann, der gemeinsam mit seinem Kollegen Kai Glismann das Schwalbenhotel-Projekt betreut.

Mit den Schwalbenhotels werden die Vögel bei der Nistplatzsuche unterstützt. Und das wird immer wichtiger: "Die Bestände sind bereits zurückgegangen", mahnt Christian Gerbich. Doch da die Vögel viel Dreck unterhalb ihrer Nester hinterlassen, sind sie bei manchem Hausbesitzer unbeliebt. Blenden unterhalb des Daches verhindern, dass sich die Vögel dort ansiedeln können. Auch bei Gebäude-Sanierungen werden häufig mögliche Brutplätze verschlossen.

Der Bau der Schwalbenhotels ist wie gemacht für die JVA-Handwerksbetriebe, denn individuelle Anfertigungen sind ihre Spezialität. Ob Schwenkgrill, Fensterrollo oder dekorativer Rankbogen für den Garten: Alles, was nicht unbedingt als Standardwerk im Handel zu haben ist, kann in der JVA be- und hergestellt werden.

Aus Holz und einem massiven Metallrahmen werden die Schwalbenhotels gebaut und sind am Ende gut 500 Kilo schwer. Daran werden die "Hotelzimmer" befestigt - aus Gips geformte künstliche Nester, die als Halbkugel inklusive Einflugloch an der Unterseite des "Hoteldachs" hängen. "In der Natur bauen die Schwalben sie aus Lehm und Sand", erklärt Christian Gerbich. In der Umgebung des "Schwalbenhotels" sollte es freie Flächen geben, damit die Vögel weiteres Material für den Nestbau finden. Ein bebautes Stadtgebiet ist ungeeignet.

Hinweise erwünscht auf Schwalbenkolonien

Passende Stellplätze für die Hotels werden noch gesucht. Da die Schwalben sehr standorttreu sind, müssen Mehlschwalben am künftigen Hotelplatz bereits vorhanden sein und dort brüten. Wer Hinweise auf eine Schwalbenkolonie geben kann, meldet sich bei Christian Gerbich unter Telefon (040) 69 70 89 33 oder schreibt eine E-Mail an