Von Lena Diekmann

Ochsenwerder.
Ganz sanft umschlingen seine Hände den kleinen Vogel. Erst vor wenigen Wochen ist der Mauersegler in einem Brutkasten am Haus von Werner Weselmann geschlüpft. Und der Anblick des kleinen, friedlichen Tierchens lässt den 85-Jährigen über das ganze Gesicht strahlen. "Er hält den Erfolg seiner Arbeit in Händen", sagt Marco Sommerfeld, Nabu-Referent für Vogelschutz.

Bereits seit gut zwölf Jahren engagiert sich Werner Weselmann aus Ochsenwerder für den Schutz und Erhalt der Mauersegler. Damals wurde sein Nachbarhaus an der Ochsenwerder Twiete renoviert. Die dort brütenden Mauersegler, die sich gern in Spalten unter dem Dach oder Gebäudenischen einnisten, verloren ihren Brutplatz. Werner Weselmann griff kurzerhand zu Hammer und Nägeln, und zimmerte aus einer Holzpalette einen Doppelnistkasten zusammen. 33 weitere Kästen mit jeweils zwei Abteilen folgten, zieren Seiten und Rückwand des Gelbklinker-Hauses. Und mit der Zeit zogen immer mehr Vögel ein, mittlerweile sind 38 Nester besetzt. Jeden Ein- und Auszug dokumentiert der 85-Jährige Jahr für Jahr auf handlichen, grauen Pappen.

Ideale Arbeitsbedingungen für das Team vom Nabu, das gemeinsam mit Mitarbeitern der Karl Kaus Stiftung nun die Mauersegler-Kolonie in Ochsenwerder besuchte, um die Vögel zu beringen. Mit einem Steiger ließen sich die Vogelschützer zu den Brutkästen empor fahren, setzten die kleinen Vögel in Stoffsäckchen, um sie darin zu Martin Gottschling zu bringen. Der Diplombiologe und ehrenamtliche Beringer der Vogelwarte Helgoland brauchte nur wenige Augenblicke, bis er mit der Zange den leichten Aluring ans zierliche Vogelbeinchen geklemmt hatte. "Man hat nur diesen einen Moment, da muss jeder Hangriff sitzen", sagt Martin Gottschling.

Durch die Beringung können Flugrouten der Tiere nachvollzogen werden, falls ein Vogel auf seinem Weg gen Süden gefunden wird. Durch die geringe Größe der Mauersegler, bei ausgebreiteten Flügeln etwa 40 Zentimeter breit, ist das jedoch schwierig.

Insgesamt 89 Vögel aus 38 Nestern hat das Team in Ochsenwerder beringt. "Das ist richtig gut", lobt Marco Sommerfeld. Einige Jungvögel waren sogar noch so klein, dass sie nicht beringt werden konnten. Der Bruterfolg lag um die zwei Jungen pro Paar. Ebenfalls ein zufriedenstellendes Ergebnis. "Generell sind Gelege zwei bis drei Eier groß", sagt Sommerfeld.

Sogar ein "Full House" hat das Nabu-Team in Ochsenwerder vorgefunden. "Drei Jungvögel und zwei Altvögel in einem Kasten. Wir haben die gesamte Familie beringt", sagt Marco Sommerfeld. Wenn die Naturschützer im nächsten Jahr die Eltern wieder fangen sollten, könnten sie dadurch Brutortstreue und Treue der beiden Partner nachweisen.

Die Treue der Vögel wird ihnen aber zunehmend erschwert: Seit vielen Jahren gibt es eine Sanierungswelle in deutschen Städten. In der energetischen Sanierung werden Ritzen und Spalten, durch die Wärme entweichen kann, geschlossen - und damit auch die Nistplätze der Mauersegler. "Beim willkommenen Klimaschutz wird der Artenschutz leider meist vergessen", sagt Henning Kunze, Diplom-Biologe der Karl Kaus Stiftung. In Bremen konnte die Stiftung in den vergangenen 15 Jahren bereits einen Rückgang der Mauersegler-Population von 30 Prozent verzeichnen.

Die Stiftung möchte durch die Unterstützung der Nabu-Aktion darauf aufmerksam machen, dass Klima- und Artenschutz ganz einfach vereinbar sind. "Nistkästen können optisch unauffällig in die Fassade integriert werden", sagt Henning Kunze. Zudem sind die schwalbenähnlichen Segler ganz friedliche Untermieter, machen kaum Dreck und bleiben nur gut drei Monate im Brutgebiet. Danach ziehen sie wieder Richtung Afrika, verbringen den Rest der Zeit durchgehend in der Luft.

Am Sonntag, 9. August, stehen Werner Weselmann und die Mauersegler im Mittelpunkt von "Wi snackt platt" auf NDR 90,3. Beginn der 30-minütigen Radio-Sendung ist um 8.30 Uhr.