Von Lena Diekmann

Allermöhe
.
Mitten im Hochsommer stecken ihre Füße in dicken Stiefeln, der Körper ist in eine gefütterte Winterjacke gehüllt. Genau die richtige Arbeitskleidung für das Umschlaglager bei Dachser Food Logistics - denn dort herrschen frische 3,4 Grad Celsius. 5000 Paletten sogenannter "plusgradig temperaturgeführte Lebensmittel" - darunter Spirituosen, Milchprodukte oder Müsli mit Schokostückchen - werden am Rungedamm täglich umgeschlagen. Eine ganz neue und zugleich spannende Arbeitsumgebung für Yvonne Benthien. Denn normalerweise steht die 45-Jährige in den Klassenräumen der Stadtteilschule Lohbrügge (GSL) an der Tafel, unterrichtet die Fächer Englisch, Religion und Gesellschaft.

Für eine Woche tauscht die Lehrerin Schule gegen Logistikunternehmen - als Praktikantin. Es ist fast 20 Jahre her, dass Yvonne Benthien zuletzt in eine solche Position schlüpfte. "So viel Input in kürzester Zeit bin ich gar nicht mehr gewöhnt", sagt sie.

Seit 1997 haben etwa 1000 Hamburger Lehrer am Projekt "Lehrerbetriebpraktikum - Innenansichten" der Handelskammer mit Unterstützung der Hamburger Schulbehörde teilgenommen. Sie haben die Gelegenheit genutzt zu sehen, wie einzelne Wirtschaftsbetriebe in der Praxis funktionieren. Auch für die 45-Jährige stand es außer Frage, die Chance wahrzunehmen: "Mit dieser Erfahrung kann ich Wirtschaftsabläufe meinen Schülern im Unterricht viel besser vermitteln", sagt sie.

Praktikanten sind bei Dachser Food Logistics keine Seltenheit. Bis zu 40 Schüler, Studierende oder Erwachsene, die sich beruflich orientieren möchten, mischen sich pro Jahr unter die gut 200 Mitarbeiter, darunter 25 Auszubildende und zwei duale Studenten. Eine Lehrerin war bisher jedoch noch nicht dabei.

Umschlaglager, Service, Verkauf und eine Ausliefertour mit dem gelb-blauen Lastwagen waren Stationen der Lehrerin. "Fahrer Danny Kretschmer und ich waren ein super Team", sagt Yvonne Benthien. Während er sich um das Aus- und Einladen der Waren kümmerte, scannte die 45-Jährige fleißig die Produkte ein. Sie übermittelte den Status der Auslieferung somit direkt an die Niederlassung am Rungedamm. Abkürzungen wie NV (Nahverkehr), FV (Fernverkehr) oder NVE (Nummer der Versandeinheit) schwirrten danach durch ihren Kopf. "Davon habe ich sogar geträumt", sagt sie.

Nun träumt sie davon, dass die Zusammenarbeit der GSL und Dachser Food Logistics auch nach ihrem Praktikum bestehen bleibt - und intensiver wird. Dass das nicht nur ein Traum bleiben soll, unterstreicht Antje Steffens: "Wir haben schon lang nach einer Schule gesucht, mit der wir aktiv zusammenarbeiten können", sagt die Leiterin der Personalabteilung. Die Logistik sei keine Branche, die junge Leute ziehe. "Das möchten wird ändern. Wenn wir näher mit den Schülern zusammenarbeiten, können wir ihnen zeigen, welche spannenden Arbeitsfelder es bei uns gibt."