Von Carsten Neff

Rothenburgsort.
"Manchmal erfordert das Leben halt einen Kurswechsel." Hauke Brost steht auf dem Steg im Moorfleeter Yachthafen, blickt durch seine überdimensional großen Brillengläser über die tiefstehende Sonne über der Billwerder Bucht und philosophiert. Dabei schießt der 66-Jährige im Zeitlupentempo den zwei Daumen dicken Festmacher auf. Und mit jeder Windung des Taus kommen die Erinnerungen - an stürmische Törns und noch stürmischere Bordpartys. "Sie hat mich nie im Stich gelassen - nie in den zwölf Jahren ..."

Doch Autor und Journalist Hauke Brost, vielen Hamburgern vor allem als "Bild"-Kolumnist und den Boulevard liebenden "Stadtspaziergänger" bekannt, will sich nun von ihr trennen. Sein Schiff, die ehemalige Hadag-Fähre "Cranz", steht zum Verkauf: Preis 55 000 Euro.

Vor zwölf Jahren kaufte Hobbyskipper Brost der Hadag die "Cranz" ab. Da pendelte die 66 Tonnen schwere Stahlfähre noch im Liniendienst zwischen Blankenese und Cranz. "Das erste Mal stand ich bei der Testfahrt am Ruder, da waren noch Passagiere an Bord", erinnert er sich ein wenig wehmütig.

Nach dem Eignerwechsel mussten die Sitzbänke raus. Brost baute die 19,40 Meter lange und 4,50 Meter breite Fähre zum schwimmenden Wohnmobil um - eigentlich zum Hausboot. Denn es fehlt an nichts: Salon mit Sofa, Arbeitsecke und gemütlichem Kaminofen, eine offene Pantryküche, Badezimmer mit Dusche und Waschmaschine.

Und achtern ist die Schlaf-"Koje" mit einem komfortablen Doppelbett - elektrisch von der Decke herabsenkbar.

"Die 'Cranz' war mein Rückzugsort", erzählt der Schreiber, der derzeit auf der Nordseeinsel Pellworm lebt: "Hier entstanden alle meine Bücher, die meisten Kolumnen." Und wenn er frischen Wind für frische Gedanken brauchte, lichtete Brost die Anker. "Das Schiff ist jederzeit fahrbereit." Und als müsste er es beweisen, präsentiert er stolz den 350-PS-Diesel im Bootsbauch und die - etwas veraltete, aber voll funktionsfähige - nautische Ausrüstung des Führerstands.

Wenn der Kapitän den "Hebel auf den Tisch" legt, macht die "Cranz" bis zu elf Knoten, schlürft dann aber 90 Liter Diesel in der Stunde. "20 Liter sind der Normalverbrauch, das ist ja kein Rennboot", mahnt Brost, der mit seinem Sportbootführerschein nur elbabwärts Richtung Hafen, Nord- und Ostsee unterwegs war. Elbaufwärts braucht man für Schiffe über 15 Meter ein gesondertes Binnen-Patent.

Doch nun zieht es das Nordlicht erst einmal nach Süden, auch sein Haus auf Pellworm steht derzeit zum Verkauf. "Auf zu neuen Ufern!", ruft Brost entschlossen: "Ich werde das Schiff mit einem Wohnmobil auf Rädern tauschen und damit die beliebtesten deutschen Touristenziele - von Neuschwanstein bis Heidelberg - abklappern."

Nicht ohne schriftstellerische Ambitionen: 18 Krimis, speziell für die Zielgruppe reisender Amerikaner und japanischer Europatouristen, will Hauke Brost in den kommenden zehn Jahren schreiben und vor Ort recherchieren. "Die lieben so etwas", ist er sich sicher. Brost muss es wissen. Als Autor seiner humorigen Ratgeberreihe "Wie Männer, Frauen, Teenies, Familien, Kollegen... ticken" gilt er schließlich als scharfer Beobachter. Nur bei sich selbst ist er sich nicht so sicher: "Vielleicht werden mir die Elbe und meine 'Cranz' doch fehlen."

Bei Kaufinteresse:

"Dies war mein kreativer Rückzugsort. Hier entstanden alle meine Bücher." Hauke Brost (66), Buchautor und Journalist