Von Timo Jann

Altengamme.
Holzfällungen im Naturschutzgebiet zwischen dem Borghorster Hauptdeich und dem Weg Am Kringel sorgen für Entsetzen bei den Mitgliedern des Beirates für Natur- und Umweltschutz im Kreis Herzogtum Lauenburg: Dutzende Eichen, zum Großteil abgestorben, fielen der Motorkettensäge zum Opfer. "Das ist ein Holz-Frevel im Naturschutzgebiet. Die gefällten Bäume waren ein wichtiger Lebensraum für bedrohte Käferarten, die es nirgendwo in Norddeutschland sonst so häufig gibt wie hier", sagt Wolfgang Ziegler vom Beirat.

Ziegler, der in Rondeshagen lebt, und sein Mitstreiter Helmut Knust aus Geesthacht hatten das Naturschutzgebiet Besenhorster Sandberge auf Schleswig-Holsteiner Gebiet inspiziert und waren dabei - auf Hamburger Gebiet - auf mehrere am Wegesrand zu Halden aufgeschichtete Eichenstämme aufmerksam geworden. "In einem wichtigen Naturschutzgebiet wie diesem hier, ist die Natur doch zu schützen und nicht auszunutzen", sagt Ziegler verärgert.

Doch der Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) winkt ab und führt Hochwasserschutz als Grund an: "Die vom Beirat angesprochenen Fällungen wurden vom Bezirksamt Bergedorf durchgeführt. Mit ihnen sollte der Deichfuß am Borghorster Hauptdeich von Beschattung durch den südlich angrenzenden Wald freigestellt werden, um die Stabilität des Deiches langfristig zu erhalten und den Hochwasserschutz sicherzustellen", teilt Jan Dube auf Anfrage mit.

Eigentlich sollten nur Schatten werfende Kiefern und Birken am Deichfuß gefällt werden. Doch die Anfahrt zu ihnen mit großen Geräten sei entlang des Deichfußes nicht möglich gewesen. Außerdem mussten die Bäume so gefällt werden, dass sie nicht auf den Deich fallen und diesen beschädigen könnten. Daher seien Schneisen vom Schwarzen Weg aus durch den Baumbestand angelegt worden, so Dube. "Es fand dabei auch eine reguläre Durchforstung statt, wobei geeignetes Totholz stehen gelassen wurde." Mit den Fällmaßnahmen wurde zudem Konkurrenzdruck auf angrenzende, vitale Eichen genommen, um diese langfristig erhalten zu können, betont Dube.

Die Naturschützer aus Schleswig-Holstein schütteln über dieses Vorgehen den Kopf. "Die Käfer und Insekten aus den Sandbergen benötigen das Totholz, um sich hier halten zu können - und zwar stehendes Totholz der Eichen", sagt Knust. Er fürchtet, dass das am Wegesrand gestapelte Holz viele Eier enthält, die aus dem Naturschutzgebiet abtransportiert werden. Damit würde eine Generation der Tiere verloren gehen.

In den Sandbergen kommen etwa 1000 Käferarten vor, weiß Ziegler, der für das Landesumweltministerium Fachbücher über bedrohte Käferarten verfasst hat. 206 Käferarten aus den Sandbergen gelten als sogenannte Xylobionten, die im Totholz von abgestorbenen Bäumen leben. Ziegler: "Die Totholz-Stämme haben so eine Art 'Arche-Noah-Funktion', sind sie doch die einzigen Plätze, an denen die Xylobionten sich halten können. Doch statt sie zu schützen, wird dieses Holz - scheinbar minderwertig - als Kaminholz angeboten."