Neuengamme (ld). Fast 900 Kilometer liegen zwischen Ravensbrück und Paris. Ein weiter Weg, “vor allem, wenn man nur noch 40 Kilogramm wiegt“, sagt Jean-Paul Krattinger.

Neuengamme
(ld)
. Fast 900 Kilometer liegen zwischen Ravensbrück und Paris. Ein weiter Weg, "vor allem, wenn man nur noch 40 Kilogramm wiegt", sagt Jean-Paul Krattinger. Und doch hat sein Vater Paul diesen Weg überstanden und konnte nun nach 70 Jahren gemeinsam mit seinem Sohn und seiner Enkeltochter Amandine an den Ort zurückkehren, zu dem ihn die Nazis einst verschleppten.

Er war ein unbescholtener französischer Bürger, gerade einmal 23 Jahre alt, als die Nationalsozialisten im Juli 1944 in sein Dorf im Jura einmarschierten. Sie deportierten zahlreiche Männer in Konzentrationslager - darunter auch Paul Krattinger. Von Neuengamme aus musste der junge Käsemacher in der Hamburger Innenstadt den Schutt der britischen Bomber aufsammeln, nicht gezündete Sprengkörper entschärfen. Über das Außenlager Kaltenkirchen landete er schließlich in Ravensbrück, wo die russische Armee die Gefangenen im April 1945 befreite.

Völlig ausgehungert und auf sich allein gestellt, ernährten sie sich von wilden Hasen oder Pferden, kaperten eine alte Lokomotive um schneller gen Heimat zu kommen.

Mit seinem Sohn über die Zeit zu sprechen, fiel dem 93-Jährigen lange schwer. Seiner Enkelin erzählte er schon mehr. Den Ort zu betreten, an dem ihr Großvater einst Qualen erleiden musste, lässt der 35-Jährigen Tränen in die Augen steigen. Paul Krattinger jedoch ist froh zurückzukehren. "Ich bin lebendig, deswegen ist es nicht traurig", sagt er.