Von Thomas Heyen

Neuengamme.
Gestern, am Tag nach Ausbruch des Großfeuers am Neuengammer Hausdeich 413 (siehe Titelseite), herrschte noch immer Fassungslosigkeit unter den Nachbarn. Wie Christian E. (47) und seine Frau, die in dem abgebrannten, denkmalgeschützten Hufnerhaus von 1559 gewohnt haben, sind nun auch zwei Familien aus einem benachbarten Doppelhaus plötzlich wohnungslos. Ihr Haus, das ebenfalls Christian E. gehört, wurde bei dem verheerenden Brand durch die starke Qualmentwicklung und Löschwasser ebenfalls zerstört und muss grundsaniert werden.

"Ich durfte in der Nacht des Feuers nur kurz einige Papiere aus unserem Haus holen, in Begleitung eines Feuerwehrmannes", sagt André Sturr (42). Seine Doppelhaushälfte direkt neben dem abgebrannten Bauernhaus ist unbewohnbar, überall im Garten liegt verbranntes, vom Wind verteiltes Reet. "Wir können vorerst in Curslack bei den Eltern von Freunden wohnen. Die sind vier Wochen verreist."

Während Eigentümer Christian E. gestern seine in einem Seniorenheim lebende Mutter (87) über die Vernichtung ihres Elternhauses informierte, entdeckte seine Frau persönliche Gegenstände in der Brandruine, darunter ein altes Foto von ihrer Schwiegermutter. Wegen der Einsturzgefahr musste sie Feuerwehrleute bitten, ihr die Sachen zu bringen. Von den beiden Töchtern ihres Mannes, die nicht mehr am Neuengammer Hausdeich 413 leben, war nur die jüngere nach Neuengamme gekommen. Die ältere, die dort aufwuchs, war dem Anblick der Ruine emotional nicht gewachsen.

Die letzten Feuerwehrleute waren gestern gegen 15 Uhr abgerückt - 21 Stunden nach Ausbruch des Feuers. Gestern Abend gegen 19 Uhr kehrten Feuerwehrleute zurück, um weitere Glutnester auszuschließen.

Schon in der Brandnacht hatte das Technische Hilfswerk mit Radladern brennenden Schutt, massive Balken und Mauerwerk aus dem brennenden Haus entfernt, um der Feuerwehr die Arbeit zu erleichtern. Gestern Vormittag riss ein Bagger des THW dann die jahrhundertealte Giebelseite mit dem charakteristischen Fachwerk nieder, auch um Gefahren durch Einstürze des Mauerwerkes zu verhindern.

Brandermittler des Landeskriminalamtes suchten in der Ruine des großen Hauses, dessen frühere Stallungen zu Lagerhalle und Garage ausgebaut worden waren - dem Brand fielen auch zwei Autos und ein Wohnwagen zum Opfer -, nach Hinweisen für die Brandursache. Und die Spezialisten wurden fündig.

"Die Brandursache steht vermutlich in Zusammenhang mit dem Zug des geschlossenen Kaminofens", sagt Karina Sadowski, Sprecherin der Polizei. "Für ein Fremdverschulden gibt es keine Anhaltspunkte." Im oberen Bereich des Kamins sei es zu einem "Hitzeüberschlag" gekommen. Der Kaminzug wurde erst vor einem Dreivierteljahr neu eingezogen - und soll vom Fachmann als geeignet bewertet worden sein.