Porträt: Hamburgische Bürgerschaftspräsidentin lebt in Spadenland

Sie leitet die Sitzungen der Hamburgischen Bürgerschaft, steht an der Spitze der 83 Mitarbeiter starken Bürgerschaftskanzlei. Geht es nach dem Protokoll, ist sie die höchste Repräsentantin der Hansestadt, die das Landesparlament auch außerhalb Hamburgs vertritt. Erst vor wenigen Wochen wurde Carola Veit (41), seit 2011 im Amt, mit 109 von 120 Stimmen erneut zur Präsidentin der Bürgerschaft gewählt. Ihr Arbeitspensum ist hoch, übersteigt nicht selten 60 Stunden in der Woche. Umso mehr genießt die SPD-Politikerin, die seit elf Jahren ein Abgeordneten-Mandat hat, ihre Freizeit - in den Marschlanden. Carola Veit lebt mit ihrer Familie in Spadenland.

Ein guter Kompromiss

Vor 13 Jahren zog Carola Veit mit ihrem Ehemann, einem Architekten, von St. Pauli nach Spadenland. Die jungen Eltern - Carola Veit hatte gerade ihr erstes Kind zur Welt gebracht - wollten Haus und Garten. "Aufgewachsen bin ich in Billstedt, mein Mann kommt aus Harburg. Spadenland war auch geografisch betrachtet ein guter Kompromiss", sagt die 41-Jährige und lächelt. "Schon als Kind war ich häufig in Bergedorf, etwa zum Klavier- und Flöten-Unterricht."

In Spadenland lebt die Familie in einem Einfamilienhaus mit Garten. "Ich bin immer froh, wenn ich nach der Arbeit aus der Stadt raus aufs Land fahre", sagt Carola Veit. Die Familie unternimmt Radtouren durchs Landgebiet, geht gern an der Regattastrecke spazieren. "Dort bin ich früher gern gejoggt", sagt die 41-Jährige. Sie liebt die kleinen, familiengeführten Geschäfte im Dorf. In der Lütten Backstuv an der Ochsenwerder Landstraße kauft sie die Sonntagsbrötchen. Arne Meyer (Wein- und Friesenstube) kennt ihren Lieblingskaffee, bei Stender am Tatenberger Deich wird Kuchen gegessen. Blumen kauft sie nur bei der benachbarten Deichblume. Die Gärtnerei Sannmann und der Milchhof Reitbrook zählen Carola Veit und ihre Familie zu den Abokunden.

Carola Veit kocht gern. Auch Mitarbeiter in der Bürgerschaft wissen ihre Kochkunst zu schätzen, denn die Präsidentin bringt gelegentlich mal Salat, Antipasti oder Kuchen zum Probieren ins Büro mit.

Trotz ihrer vielen Arbeit funktioniere die Erziehung der drei Kinder - zwei Jungs (13, 1), ein Mädchen (9) - ohne größere Probleme: "Mein Mann ist Selbstständiger, hat sein Büro zu Hause und ist dadurch flexibler als ich. Wir gleichen aber auch unsere Termine ständig neu ab, planen jeden Tag neu. Wir üben schon lange an einem ausgeklügelten System", sagt die Politikerin und lacht. "Außerdem sind meine Eltern, die in Billstedt leben, eine große Hilfe. Das Baby hat, wie alle unsere Kinder, als sie sehr klein waren, etwa einen festen 'Omatag'."

Abwechslung ist Programm

Der in Hamburg einmalige Posten der Bürgerschaftspräsidentin war nicht ihr Berufswunsch, sagt die studierte Juristin. "Ich wollte eigentlich als Rechtsanwältin arbeiten." Doch ihr gefalle ihre Arbeit: "Jeder Tag ist anders, ich lerne immer wieder Menschen kennen", sagt sie.

Abwechslung ist für die Bürgerschaftspräsidentin Programm: Carola Veit empfängt in ihrem großen Büro im Hamburger Rathaus Botschafter und Bischöfe bei deren Antrittsbesuchen. Sie bereitet mit dem Ältestenrat die Bürgerschaftssitzungen vor, spricht mit den Fraktionsvorsitzenden, leitet Delegationen auf Reisen in Partnerstädte wie St. Petersburg oder Shanghai, entwickelt Wahlwerbekampagnen mit, empfängt Staatsoberhäupter am Flughafen, achtet darauf, dass die Abgeordneten aller Fraktionen zu ihrem Recht kommen. Gemeinsam mit Bürgermeister Olaf Scholz teilt sich Carola Veit im Rathaus das Hausrecht. Wenn die Präsidentin offiziell unterwegs ist, wird sie mit einem Mercedes chauffiert. "Privat fahre ich einen kleinen, zwölf Jahre alten Honda Jazz."

Gern liest Carola Veit Krimis. "Leider fehlt mir meist die Zeit, habe ich eher Drucksachen auf meinem Nachttisch." Ihre Lieblingsfernsehserie? "Das ,Hamburg Journal'."

Von ihrer Liebe für die Vier- und Marschlande profitiert auch die Region: Auf Anregung der Präsidentin besuchen die Teilnehmer des "Parlamentsforums Südliche Ostsee", etwa 60 Delegierte aus Russland, Polen und Schweden, dieser Tage die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Danach essen sie im Zollenspieker Fährhaus. Carola Veit ist das Landgebiet ans Herz gewachsen: "Es ist etwas abgelegen, dicht an der Stadt, aber trotzdem ländlich. Ich kann hier gut zur Ruhe kommen", sagt sie.