Altengammer darf Störchen am Horster Damm kein Nest bauen - Windräder zu nah

Torsten Graveley (47) wollte seiner Lebensgefährtin ein besonderes Geschenk machen. Der selbstständige Gemüsegroßhändler und Spediteur vom Horster Damm 298 a ließ von einem Fachmann einen großen Korb flechten, besorgte eine massive Holzplatte aus dem Baumarkt, befestigte alles am Ende eines etwa acht Meter langen Pfahls. Mithilfe von Freunden, Traktor und Seil hievte er den Storchenhorst auf seiner Weide hinter dem Haus in die Höhe "Schon am nächsten Morgen saß ein Storch darin, probeweise."

Alle waren entzückt - Freundin, Freunde, Nachbarn und der Bauherr selbst. Doch drei Wochen später war es vorbei mit der Freude. Graveley hatte Post bekommen von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Per Einschreiben wurde ihm mitgeteilt, dass der Horst "unverzüglich, spätestens bis zum 2. 4. 2015 dauerhaft auf eigene Kosten zu entfernen" ist. Die zuständige BSU-Mitarbeiterin hatte sich zuvor "nach Hinweisen Dritter" selbst ein Bild von dem neuen Horst gemacht. Doch der sei von den nächsten Windrädern nur etwa 600 Meter entfernt. Der Gesetzgeber sieht aber einen Mindestabstand von 1000 Metern vor, um die Tiere nicht unmittelbar zu gefährden. Bisher hat der Altengammer sein Konstrukt nicht abgebaut.

"Der Horst ist jetzt ein Maibaum", sagt Graveley und verweist auf den bunt geschmückten Holzpfahl. Der Korb ist mit Plane abgedeckt, zwei riesige Plüschtiere schauen von dort aus hinunter. Direkt darunter ist ein Pappschild befestigt, auf dem ein ausgestreckter Mittelfinger zu sehen ist. Unter dem nach oben weisenden Finger steht "oben". Graveley: "Das ist ein Hinweis für die Behördenmitarbeiter, damit sie sicher sein können, wo oben ist." Der Unternehmer will nun Widerspruch gegen den Bescheid der BSU einlegen. Dazu hat er bis zum 25. April Zeit. Ob er den selbst gebauten Maibaum-Horst so lange stehen lassen darf, wird sich zeigen. In dem Einschreiben heißt es, dass die aufschiebende Wirkung eines etwaigen Widerspruchs entfällt.

Graveley betont, dass er zur Windenergie "eine neutrale Meinung" und den Horst nicht aus politischen Gründen aufgestellt habe. Er wundert sich allerdings darüber, dass für Menschen ein Mindestabstand von nur 500 Metern eingehalten werden muss. "Menschen fliegen nicht in die Rotoren", sagt BSU-Sprecher Dr. Magnus-Sebastian Kutz. Dass es für einige Horste, etwa den am Achterschlag in Curslack, Ausnahmeregelungen gibt, liege daran, dass es diese Storchennester schon vor den Windrädern gab - Bestandsschutz. "Es sind dieselben Tiere, die jährlich dorthin zurückkehren. Sie kennen die Gegend - zeigen sie auch ihrem Nachwuchs", sagt Storchenvater Jürgen Pelch. Außerdem, so Pelch, "steht in Hamburg jeder zweite Horst leer. Es gibt inzwischen 50 für 29 Paare - mehr als genug".