Original: Fünfhausener ist im Bezirk weithin bekannt

Fit wie ein Turnschuh fühlt sich Erwin Marx. Niemand glaubt, dass "Max-Müüs", wie er von Kindesbeinen an genannt wird, heute seinen 80. Geburtstag feiert: "He ward all tachentich?", staunen Freunde und Nachbarn.

"Dass er so gut drauf ist, liegt sicher daran, dass er sich in schwierigen beruflichen und gesundheitlichen Lagen nie hat unterkriegen lassen", sagt seine Frau Elke, mit der er seit 58 Jahren verheiratet ist. Beide halten Haus und Garten gut in Schuss und gehen regelmäßig schwimmen. Jeden Tag, wenn die Sonne scheint, wird geradelt, erkunden beide ihr geliebtes Landgebiet immer aufs Neue. Getrennte Wege geht das Paar, wenn Elke Sport treibt und Erwin im Schießklub "Zentrum" bemüht ist, ins Schwarze zu treffen. Dass er längst nicht mehr zu den besten Schützen zählt, kratzt ihn nicht. "Ick wör all fiefmol Keunig. Dat langt!", sagt er, grinst vergnügt und geht in den Hühnerstall. Da warten 38 Hennen und zwei Hähne auf Futter.

Auf dem Weg vom "lütten spaddeligen und sabbeligen Bengel" bis zum weithin bekannten und geachteten "lütten Marktmeister" im Bezirk Bergedorf hat Erwin Marx viele Hürden nehmen müssen. In seinem Elternhaus am Durchdeich 163 war er in einer kinderreichen Siedlung als Einzelkind immer wieder Opfer böser Streiche. Erwin wurde verhauen und beim Baden im Sandbrack beängstigend lange "untergedükert". Weil Vater Otto, der aus Thüringen stammte, als "Ausländer" galt, machte das den Gören besonderen Spaß.

Hart arbeiten musste der Jubilar schon als Zehnjähriger. Als Erntehelfer verdiente er sich sein Abendbrot und musste der Not gehorchend die Schule schwänzen. 15 Jahre alt begann die Lehrzeit zum Gärtner. 1956 wechselte er in den öffentlichen Dienst, arbeitete hart für einen Stundenlohn von 1,97 Mark bei Strom- und Hafenbau. Es folgte die Tätigkeit in der Müllverbrennung als Kran- und Turbinenfahrer im Dreischichtbetrieb. Weil das Geld knapp war, verdiente sich Erwin Marx am Wochenende mit zweiter Steuerkarte im Hafen als Decksmann ein "Zubrot".

"Richtig Stunden geputzt und verdient habe ich - manchmal 36 Sunden in einem Bogen - als Müll- und Kehrmaschinenfahrer", erinnert er sich. Und dann sei er kaputt, halbseitig gelähmt gewesen. Wieder einigermaßen genesen, wurde er Marktmeister. Ein Job, den er trotz des geringeren Verdienstes mit Begeisterung ausfüllte. Er organisierte die Wochenmärkte, kurzfristig angesagte Stadtfeste sowie Weihnachts- und Jahrmärkte im Bezirk Bergedorf. Schwer erkrankt ging der 60-Jährige in den Ruhestand. Den Mut zum Leben hat er nie verloren. "Nur to Huus rumhocken wör nix."

Bekannt ist Erwin auch als gnadenloser "Trapper", der als Fallensteller den Bisamratten auf der Spur ist. Dazu kam er, als Schwager Hartwig Wulff ihn 1960 bat, erlegten Tieren das Fell abzuziehen. Er selbst sei von einer Kuh gebissen worden, könne seine Hand nicht bewegen. Seitdem streift Marx täglich zwei Stunden durch die Feldmark, erledigt die wühlenden Nager, die an Deichen und Gräben große Schäden anrichten. Offiziell wurde er 1966 zum ehrenamtlichen Rattenfänger der Freien und Hansestadt Hamburg ernannt. Die höchste Fangquote hat er vor Jahren mit 460 Bisams in einem Monat erlangt.

Das Jagdfieber hat ihn bis heute nicht losgelassen. "Wenn jemand meine Hilfe braucht, gehe ich natürlich wieder los", sagt er. Das gelte allerdings nicht für den heutigen Tag, denn in der Bahnhofsgaststätte von Thomas Miske am Lauweg wird sein 80. Geburtstag gefeiert.