Aufgrabungen bei Gärtnerei Sannmann - Wissenschaftlerinnen entnehmen Proben

Von Professor Dr. Eva-Maria Pfeiffer ist nur noch ein Teil des Oberkörpers zu sehen. Die Leiterin des Instituts für Bodenkunde der Universität Hamburg steht bei winterlichen Temperaturen in einer 1,20 Meter tiefen Grube mitten auf einem Acker der Demeter-Gärtnerei Sannmann. Gut 50 Meter weiter befindet sich ein zweites Erdloch. Auch dort wird die Professorin hineinsteigen, um, ausgerüstet mit einem Messer und sogenannten Stechringen, ganz behutsam Erde in 100-Milliliter-Portionen aus den verschiedenen Schichten zu entnehmen. Der Boden wird in kleine Plastiktüten verpackt und im Labor analysiert. Unter anderem sollen der Stickstoff-, Calcium- und Säuregehalt bestimmt werden.

"Wir können so die Entwicklung des Bodens seit dem Rückzug der Gletscher vor 11500 Jahren erkennen", sagt Dr. Pfeiffer. Der "fette Marschboden" sei besonders fruchtbar, vor allem, wenn wie auf den Sannmann-Feldern "echter praktischer Bodenschutz" betrieben wird, meint die Expertin. Denn in der Gärtnerei wird darauf geachtet, nicht die gleichen Früchte in zwei aufeinanderfolgenden Jahren anzubauen, Kunstdünger und Insektizide sind tabu. Durch den organischen Dünger bleiben die wichtigen Mikroorganismen in der Erde am Leben, ist der Boden langfristig fruchtbar und auch ertragreicher. "Wenn der Boden durch falsche Anbaumethoden ausgezehrt wird, geht er irgendwann ganz verloren", sagt Andrea Porps, Mitarbeiterin der Gärtnerei Sannmann und fügt hinzu: "24 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden werden jährlich durch falsche Nutzung zerstört."

Zu den Aufgrabungen am Ochsenwerder Norderdeich 50 ist es gekommen, weil die angehende Geowissenschaftlerin Janin Scharrenberg (sechstes Semester) die Untersuchungen in ihrer Bachelor-Arbeit verarbeiten wird. "Meine Abschlussarbeit ist spätestens im September fertig", sagt sie. Dann sollen die Ergebnisse auch an die Gärtnerei gehen. Denn Thomas Sannmann und seine Mitarbeiter wollen genau wissen, wie es um ihren Boden (etwa 15 Hektar Gemüse-Anbaufläche) bestellt ist. Wenn Faktoren wie die Wasser- und Nährstoffbindung oder der Grundwassergehalt geklärt sind, können sie ihren Gemüsebau optimieren.

Deshalb beschäftigt Thomas Sannmann seit einem halben Jahr die Bodenkundlerin Dr. Inga Röwer, die gestern, Freitag, als dritte Fachfrau bei den Aufgrabungen dabei war. Bisher hat Dr. Röwer an 45 Punkten Bodenproben entnommen. Für ihre Arbeit nutzt sie einen Edelman-Bohrer mit einem konisch geformten Bohrkörper, der per Hand mehrere Meter tief in den Boden gedreht werden kann. Mit dem Gerät lassen sich Bodenproben ohne Aufgrabungen entnehmen.

Bei den Arbeiten gestern brachte Professor Pfeiffer unterschiedliche Bodentypen ans Tageslicht: schweren, tonigen Kleiboden aus einer Tiefe von 1,65 Metern. Über ihm befand sich eine fast 90 Zentimeter hohe Sandschicht. "Sie muss durch eine Flut oder einen Deichbruch entstanden sein", sagt die Instituts-Leiterin. Über dem Sand fand sie knapp 40 Zentimeter Mutterboden. Pfeiffer: "Der wurde durch den Menschen aufgetragen, in den vergangenen 400 bis 600 Jahren." Und: Ganz unten, unter dem Kleiboden, fanden die Forscher sogar Torf.