Handarbeitskunst: Heide und Ursel Albers nähen Trachten

In jüngster Zeit greifen Heide und Ursel Albers noch häufiger als sonst zu Stickgarn und Nadel und sitzen in ihrem kleinen Nähzimmer an der Nähmaschine. Die 79-Jährige und ihre Schwiegertochter legen sich für die Erdbeermajestäten ins Zeug: Königin und Prinzessin bekommen Vierländer Trachten - quasi maßgeschneidert.

"Wir ändern einige alte Trachtenstücke, aber vieles wird auch komplett neu genäht", erzählt Ursel Albers. Denn Originalteile werden immer rarer. So war es früher nicht unüblich, in Tracht beerdigt zu werden. Zudem wurden viele Stücke auch immer wieder geändert und neu verwendet, bis sie zerschlissen waren. Heute geeigneten Stoff für Vierländer Trachten zu finden, ist nicht einfach. Da freuen sich die Frauen, dass sie auf einen von Inge Witt vererbten Stoffe-Fundus zurückgreifen können.

Heide Albers stickt gerade ein filigranes Muster auf eine Schürze. So wie ihr ist auch Ursel Albers, die mit vielen Schwestern aufgewachsen ist, das Handarbeiten "praktisch in die Wiege gelegt worden".

So kam Heinz-Werner Hars, Vorsitzender des Freundeskreises Rieck-Haus, gleich auf die Frauen zu, als es um die Ausstattung der Erdbeermajestätinnen ging - und das nicht mit leeren Händen. Er hatte in Ratzeburg einige Brusttücher, Gürtel, ein Hemd, Tücher und eine Jacke vor dem Wegwerfen bewahrt. Nun setzen Heide und Ursel Albers alle Handarbeitskunst daran, die teilweise heftig mitgenommenen Stücke wieder auf Vordermann zu bringen.

Da werden Pailletten aufgenäht, Muster ergänzt, Säume neu genäht und Nähte verstärkt. Allein die ungezählten Minifalten oben am Rock sind arbeitsintensiv: Jede der aneinander gerafften Falten wurde früher extra verknotet - bei den Kirchwerder Trachten sogar auf zwölf statt wie üblich zehn Zentimetern Länge.

"Damals waren die Frauen noch viel kleiner und schmaler", sagt Ursel Albers und hält einen alten Rock aus Wollstoff vor sich, der höchstens der heutigen Kleidergröße 32 entspricht (60 Zentimeter Taillenumfang). Mit Hilfe von kleinen Häkchenreihen konnten die Röcke aber auch schon früher weiter gemacht werden - etwa, wenn die Frauen schwanger waren.

Schürzen verdecken gut die ausgelassene Weite und so können die alten Röcke auch heute noch getragen werden. Rot mit grünem Rand sind sie für die Unverheirateten, dunkelrot, violett oder braun für verheiratete Frauen. "Es gibt 27 Arten, die Tracht zu tragen", sagt Ursel Albers und lacht. Die jetzigen Erdbeermajestätinnen Stefanie Wenzel und Savannah Lewitz und die künftigen Repräsentantinnen dürfen sich auf schöne Exemplare freuen - inklusive Rock, Schürze, weißem Hemd, Weste, Gürtel, Brust- und Schultertuch.