Familienbetrieb: Heinz Scheurer geht nach 50 Jahren in den Ruhestand

Dieser Silvestertag wird für Heinz Scheurer ein ganz besonderer. Nach exakt 50 Jahren im Einzelhandel hört er auf. "Mit 65 ist Schluss" - das stand für den drahtigen Eigentümer des rollenden Supermarktes schon länger fest. Und nun macht er Ernst - sehr zum Kummer seiner "paar hundert" Kunden. Sie verabschieden sich schon seit Tagen von ihrem "Heinzi" mit kleinen Dankschreiben und Geschenken. Wie es aber ist, wenn kein Verkaufswagen mehr vorm Haus hält, das werden sie schon am Freitag spüren.

Gestern erhielt Heinz Scheurer zum letzten Mal Ware - und das nicht zu knapp. "Ich habe ganz viele Bestellungen", sagt er. "Offenbar wollen alle ihre Vorräte noch einmal auffüllen - vor allem mit haltbaren Produkten." Heute absolviert er seine Ochsenwerder-Tour, Silvester dreht er zum letzten Mal in Kirchwerder seine Runden. Um 8 Uhr geht's los, aber an Feierabend gegen 14 Uhr ist wohl nicht zu denken. "Ich hab' mir all' die Jahre Zeit für einen Schnack genommen, daran wird sich auch an den letzten beiden Tagen nichts ändern", sagt er.

Wer glaubt, der Supermarkt en miniature sei nur noch spärlich bestückt, irrt gewaltig. Bis zum Schluss hält Heinz Scheurer zwischen 1000 und 1500 verschiedene Artikel für seine Kunden in dem Mercedes bereit. Die Spezialanfertigung der Firma Borco-Höhns aus Rotenburg/Wümme, die der Kaufmann 1993 für 120 000 Mark erwarb, verfügt im Heck über eine Frische-Abteilung mit Kühlregal. Hier finden die Kunden vor allem Milchprodukte, aber auch Wurst und Aufschnitt. Links und rechts des schmalen Mittelganges ragen die Regale bis zur Decke. Sie tragen alles, was Menschen für ihr tägliches Leben brauchen: Eier, frisches Obst und Gemüse, Brot, Kekse, Süßigkeiten, Marmeladen, Honig, Suppen, Konserven, Getränke, Nudeln und, und, und. Nicht zu vergessen die Seifen- und Kosmetikabteilung, in der auch so gut wie nichts fehlt.

Von den schönen Waren wird einiges übrig bleiben. "Wir haben große Lager", sagt der 65-Jährige, "und können alles nach und nach verbrauchen. Die frischen Produkte holt die Bergedorfer Tafel ab." Wenn möglich, will er den rollenden Supermarkt verkaufen. Aber ein Nachfolger, der den Service im Landgebiet fortsetzt, sei nicht in Sicht. "Das will keiner mehr machen", sagt Heinz Scheurer. Denn das bisschen Verkaufen sei das Wenigste. Ware bestellen, auspacken, auszeichnen und die ganze Buchführung - da komme einiges zusammen. "Ich weiß, dass alle denken: Um halb acht steht er auf, um acht fährt er los, dann verkauft er ein bisschen und um 14 Uhr ist Feierabend", sagt der Kaufmann lachend. "Aber ganz so einfach ist es nicht."

Ein bisschen Wehmut kommt schon auf. Denn mit seinem Ruhestand zieht Heinz Scheurer auch einen Schlussstrich unter ein Familienunternehmen, das sein Großvater Otto Kaakschlief 1939 am Warwischer Hinterdeich gründete. Aber die Freude überwiegt - erst einmal aufs Ausschlafen und Ausruhen. Nächste Woche fliegt er mit seiner Frau Bettina und den beiden Töchtern für eine Woche nach Dubai. Und danach? "Wird mir bestimmt auch nicht langweilig", sagt Heinz Scheurer, der mit seiner Frau einen Umzug von der zweiten Etage ihres Hauses ins Erdgeschoss plant. Zuvor gibt es aber jede Menge um- und auszubauen.