Neuengamme (ten). Mit leiser, aber fester Stimme gedachte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gestern bei der zentralen Kranzniederlegung zum Volkstrauertag an der Hohen Stele der Gedenkstätte Neuengamme der Opfer von Gewalt und Krieg.

Er spannte den Bogen von den Opfern des damaligen, nationalen Rassenwahns bis zu denen, die heute unter Krieg und Gewalt leiden und verneigte sich im Wunsch nach Frieden und Versöhnung vor ihnen.

Zahlreiche Kränze wurden von Vertretern der Parteien, der Opferverbände, der jüdischen Gemeinde und der Bundeswehr vor der Hohen Stele platziert, ein Gesteck auch vor dem Denkmal "Der sterbende Häftling" von Françoise Salmon. Damit erinnerten Uta, Nailer und Halina an ihren Vater und Großvater, Hermann Kühl, der als sogenannter politischer Häftling unter anderem im Konzentrationslager Neuengamme gelitten hatte.

So wie sie wollen auch Ruth Gröne (geboren 1933) und Dr. Detlev Landgrebe (geboren 1935), deren jüdische Familienmitglieder verfolgt wurden, die Erinnerung wachhalten. Beide berichteten von ihrer Kindheit während des Holocaust, der Ruth Gröne den Vater nahm, und die Zeit der Angst. "Das Schlimmste war die Angst. Schon als Vierjähriger habe ich die Angst in der Familie gespürt. Die Angst dringt tief in die Poren ein." Er sei froh, dass er heute wieder ohne Furcht sagen könne, dass er aus einer jüdischen Familie stamme. Er wünsche sich, dass "nie wieder ein Kind Angst haben muss vor Verfolgung".

Nicht minder eindringlich der Appell von Ruth Gröne, dass die Toten, die in den KZ nur eine Nummer waren, wenn irgendwie möglich, ihre Namen wiederbekommen sollen. Ein Wunsch, den auch Familie Kühl bekräftigt und erweitert auf all jene, die in Neuengamme leiden mussten.