Aktiv werden: Anwalt rät Eltern, bei Problemen Rechtsmittel einzulegen

Erst das Einschalten eines Anwaltes hat offenbar dazu geführt, dass ein autistischer Junge aus Kirchwerder jetzt einen Schulbegleiter hat.

Ende August hatte das Regionale Bildungs- und Beratungszentrum (ReBBZ) Bergedorf zwar bereits verkündet, einen qualifizierten Betreuer für den Zwölfjährigen gefunden zu haben (wir berichteten). "Doch schon beim Kennenlern-Treffen stellte sich heraus, dass der Mann mit der Aufgabe völlig überfordert war", sagt die Mutter. Der Schulbegleiter trat sein Amt gar nicht erst an, der Junge musste zu Hause bleiben.

Mittlerweile hat er einen neuen Schulbegleiter, eine Sonderpädagogin, die ihn im Unterricht betreut. Auch die Stundenzahl der Begleitung wurde kurzfristig von 12,5 auf die ehemals 25 Stunden aufgestockt. "Doch hätte ich keinen Anwalt eingeschaltet, wäre das nicht passiert", ist die Mutter überzeugt.

Der Anwalt ist Klaus Jakobsmeyer aus Volksdorf. Der 68-Jährige ist unter anderem spezialisiert auf Arbeits-, Sozial- und Betreuungsrecht. Fälle wie den aus Kirchwerder kennt er zur Genüge. Er betreut derzeit etwa ein Dutzend dieser Art. Seit Einführung des neuen Verfahrens für die Suche nach Schulbegleitern werden es immer mehr. "Meiner Meinung nach kann man da nicht mehr von Einzelfällen sprechen", sagt der Anwalt.

Während früher die Eltern einen Schulbegleiter für ihre seelisch oder körperlich behinderten Kinder suchen mussten, ist dafür seit 1. August ein "Pool von Profis" zuständig, wie es der Sprecher der Schulbehörde Peter Albrecht kürzlich ausdrückte: das ReBBZ. Doch bei der Umsetzung hapert es seitdem mächtig. Für einige Kinder fanden die Beratungszentren erst gar keine Betreuer oder nur unzulängliche, bei etlichen kürzten sie zum Unverständnis der Eltern die Betreuungsstunden.

Der Grund für die Kürzungen ist für Jakobsmeyer offensichtlich: "Das Problem ist, dass mit der Inklusion die Kosten in die Höhe geschnellt sind und die Schulbehörde versucht, diese zu deckeln." So versuche man preiswertere Schulbegleiter zu finden, wie zum Beispiel Teilnehmer des Freiwilligen Sozialen Jahres, die aber nicht entsprechend ausgebildet sind. Auch von Lehrern verlange man, sich um die betroffenen Kinder zu kümmern, obwohl sie sich oft nicht mit den Behinderungen auskennen würden. "Bei diesem Thema darf aber keiner auf das Geld gucken, der Bedarf muss gedeckt werden", kritisiert der Anwalt.

Eltern, die ähnliche Probleme wie die Mutter aus Kirchwerder haben, rät Jakobsmeyer, Rechtsmittel einzulegen: "Wer die von der Schulbehörde gestellte Schulbegleitung als nicht bedarfsdeckend sieht, muss selbst einen Antrag auf Eingliederungshilfe beim Allgemeinen Sozialen Dienst des zuständigen Bezirksamtes stellen und diesen Antrag bei Ablehnung rechtlich verfolgen." In einem Großteil der Fälle gebe die Behörde erfahrungsgemäß auch nach. Aber: "Wer nicht aktiv wird, muss sich mit dem Schulbegleiter abfinden, den er bekommt oder eben auch nicht."