Buch: “Das Lager im Dorf lassen“: Gesa Anne Trojan fragte Neuengammer nach ihrer Erinnerung an das KZ

Im Konzentrationslager Neuengamme waren mehr als 100 000 Menschen eingesperrt. Mindestens 42 900 von ihnen wurden ermordet. Gesa Anne Trojan, aufgewachsen in Neuengamme, studierte Angewandte Kulturwissenschaften. Ihre Magisterarbeit liegt in Buchform vor: In "Das Lager im Dorf lassen - Das KZ Neuengamme in der lokalen Erinnerung" berichtet sie darüber, woran und wie sich die Menschen erinnern, die in unmittelbarer Umgebung des ehemaligen KZ leben.

Gesa Anne Trojan interviewte 17 Menschen aus Neuengamme: Männer und Frauen im Alter von Mitte 40 bis über 80 Jahre. "Die habe ich nach dem Schneeballprinzip rekrutiert - Bekannte von Bekannten und so weiter", sagt die 29-Jährige. "Im Alltag kommt das KZ bei den Menschen im Dorf nicht vor", sagt die Autorin und fügt hinzu: "Das KZ ist in der kollektiven Erinnerung eher als Ort des Unbehagens verhaftet."

Trotz seiner zentralen Lage sei das Lager-Gelände - auch in der Zeit als Gefängnis - lange nicht zugänglich gewesen. "Für die Neuengammer war es deshalb außen vor." Dass die Häftlinge zur Arbeit gezwungen wurden, war den Neuengammern damals allerdings bewusst: "Das Lager war im Dorf sehr präsent. Mehrere Hundert Häftlinge waren beispielsweise über drei Jahre täglich im Einsatz, um die Dove-Elbe schiffbar zu machen."

Im Fazit heißt es in dem Buch: "Ihre Erinnerungen an das Konzentrationslager, die mit unangenehmen Gefühlen verknüpft sind, haben die älteren Dorfbewohner aus ihren Erinnerungen abgespalten. Ein Grund dafür ist, dass diese Erinnerungen nicht sinnvoll in die jeweils eigene Lebensgeschichte eingebaut werde konnten. Darum haben sie diese Erinnerungen an das Konzentrationslager auch nicht in erzählten Geschichten an die Jüngeren weitergegeben."

Die von der Kulturwissenschaftlerin Befragten, darunter ihre Großmütter (beide über 80), hätten sich offen geäußert. Bevor sie das Projekt anging, habe Gesa Anne Trojan gedacht, "nun mit vielen Revisionisten sprechen zu müssen". Dies sei nicht der Fall gewesen. Gesa Anne Trojan: "Die Menschen haben eher das Problem, die richtigen Worte zu finden, wenn sie über dieses Thema sprechen. Sie haben Angst, etwas politisch Unkorrektes zu sagen."

Gesa Anne Troja wuchs in Neuengamme auf. Sie besuchte oft den Jugendkeller der Neuengammer Kirchengemeinde. Als Konfirmandin besuchte sie zum ersten Mal die KZ-Gedenkstätte. An der Uni Lüneburg spezialisierte sie sich auf den Nationalsozialismus und auf Erinnerungskultur. In der Gedenkstätte arbeitete sie unter anderem als Guide. Heute arbeitet sie auch für zwei Gedenkstätten in Berlin, wo die 29-Jährige auch lebt. Sie will promovieren. Ihr Thema: Erinnerungskultur.

Das Buch (160 Seiten, ISBN 978-3-86218-063-9) ist für 10 Euro überall im Fachhandel erhältlich. 250 Exemplare hat der Verlag Dölling und Galitz bisher verkauft.

Wir verlosen drei Bücher. Rufen Sie heute bis 24 Uhr unser Gewinn-Telefon an: 01378 - 10 11 25 (50 ct./Anruf aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunkpreise können abweichen). Stichwort: "Lager".