CDU-Spitzenkandidat trainiert im Landgebiet - Danach will er Bürgermeister werden

Zurzeit zieht es ihn öfter in die Vier- und Marschlande. Auf den übersichtlichen, wenig befahrenen Deichstraßen trainiert Dietrich Wersich für die Cyclassics am 24. August, bei denen er bereits zum fünften Mal mitfährt. "Diese Kulturlandschaft ist ein wunderbarer Teil der Stadt", sagt der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion und Sohn eines Gärtners. Die 55-Kilometer-Distanz will er - wie immer - in unter zwei Stunden schaffen. "Meine Bestzeit waren 1:34 Stunden, das schlechteste Ergebnis lag bei 1:50 Stunden", sagt der 50-Jährige. "Ich werde mein Bestes geben."

Einen langen Atem muss der Christdemokrat auch nach dem Radrennen beweisen. Denn im Herbst beginnt der Wahlkampf für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015. Und Dietrich Wersich, der in seinem ersten Beruf Arzt war, dann Theatermanager und schließlich Politiker wurde - zeitweise die drei Berufe auch parallel ausübte -, will Bürgermeister werden. Seine Partei hat ihn als Spitzenkandidat nominiert.

Wie konnte er überhaupt den schönen Beruf des Arztes an den Nagel hängen? "Weil diese Stadt so viele Chancen bietet, es so viele tolle Sachen gibt, die man machen kann", sagt Wersich. Zum Medizinstudium motivierte ihn das grundsätzliche Interesse an der Frage: Wie funktioniert der Mensch? Später, im Berufsleben, kamen die soziale und die psychologische Seite, aber auch das Miteinander hinzu. "Ich habe während dieser zehn Jahre viele existenzielle Erfahrungen gemacht", sagt er. "Ein Arzt bekommt eine andere Sicht auf das Leben, auf das, was wichtig ist."

Damals sei die politische Diskussion aufgekommen, ob es ein Gegeneinander der Generationen gibt. Für den Christdemokraten eine indiskutable Vorstellung: "Da muss man sich einmischen, da geht es ums eigene Alter. Wenn man hoch betagt ist, kann man wenig ändern. Also muss man bestimmte Dinge schon jetzt ändern." So kam Wersich in die Politik. Ab 2004 gehörte er als Staatsrat für Gesundheit dem Senat Ole von Beusts an. Noch heute bezeichnet er die Fusion des AK Bergedorf mit dem Bethesda-Krankenhaus als "sinnvolle Investition", aus der ein "starkes Klinikum" hervorgegangen sei.

Nach den Umfragen der vergangenen Monate ist die Chance allerdings gering, die Macht im Hamburger Rathaus zu übernehmen. Wersich sieht das anders. Er ist alles andere als zufrieden mit der Regierung von Olaf Scholz. Und wer weiß, vielleicht gehe es anderen Hamburgern genauso. "Der Stadt fehlt das politische Leitbild", sagt der CDU-Spitzenkandidat. "Ole von Beust proklamierte 'Die wachsende Stadt', ich bevorzuge 'Die Wissens- und Gründungsmetropole'." Hamburg müsse dringend neben dem starken Hafen Hightech als wirtschaftliches Standbein entwickeln. Zweite große Herausforderung sei die Lösung des "Stau- und Baustellenchaos'". "Der Scholz-Regierung fehlt ein wirkliches Verkehrskonzept", sagt Wersich, der sich für ein Stadtbahn-Netz stark macht. Und mit der Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt könne man auch keinen Staat mehr machen. "Nach bemerkenswerten Rückgängen in unserer Regierungszeit haben wir jetzt den höchsten Kriminalitätsstand seit acht Jahren", sagt Wersich. "Rund um die Visitenkarte unserer Stadt - dem Hauptbahnhof mit täglich 400 000 Passanten - hat sich die Situation dramatisch verschlimmert." Die Abschaffung des Ordnungsdienstes sei ein schwerer Fehler.

Allmählich wird es Zeit, die Pause am Zollenspieker Anleger zu beenden und wieder in die Pedale zu treten. Sein Rennrad begleitet ihn auch in seinem Urlaub in den Schweizer Bergen. "Ich wandere gern", sagt Wersich, der vor zwei Jahren die Alpen überquerte und vom Bodensee bis zum Comer See wanderte. Dieses Mal will er aber viel Rad fahren. Die größte Steigung hat er dann aber bis zum 15. Februar vor sich. Mal sehen, ob Dietrich Wersich sie bezwingen kann.