Extremsport: Malte Paschen strampelt für Deutschland

Wenn Malte einkaufen will oder zu Freunden zum "chillen", fährt er Rad. Das unterscheidet den 17-Jährigen kaum von anderen Jugendlichen. Doch Malte ist Purist. Er ist nur auf einem Reifen unterwegs, ohne Lenker, Schutzblech oder Gepäckträger. Das Einrad ist sein ständiger Begleiter. "Seit ich Einrad fahre, steht mein normales Fahrrad platt im Schuppen", grinst Malte Paschen. "Das ist auch viel praktischer. Das Einrad kann man im Bus mitnehmen, es ist klein, passt in jeden Kofferraum."

Meist aber rollt es selbst - und zwar ziemlich fix. Die Marathon-Strecke (42,195 Kilometer) schafft Malte in einer Stunde 41 Minuten. Kantsteine, Stufen, Wurzeln auf Waldwegen, steile Auffahrten und rasante Abfahrten, all das sind für ihn keine Hindernisse, allenfalls Herausforderungen. Und jede Tour auf seinem Einrad ist gleichzeitig ein willkommenes Ausdauer- und Techniktraining für den Extremsportler. Denn der 17-Jährige aus Krauel ist gestern nach Kanada geflogen, wird Deutschland auf der Einrad-Weltmeisterschaft "Unicon" vertreten, bei der sich die besten Radler vom 30. Juli bis 10. August in Montreal treffen.

"Hoffnung auf einen Platz auf dem Treppchen mache ich mir eigentlich nicht", meint Malte Paschen: "Aber man soll ja niemals nie sagen." Wie seine Chancen stehen, hängt sehr vom Alterszuschnitt der einzelnen Starterfelder ab. Es sind 2500 Radler gemeldet.

Malte tritt gleich in mehreren Disziplinen an: Bei den Rennen - ob auf 100 Meter, 10 Kilometer oder der Marathon-Distanz - geht es rein um Geschwindigkeit und Ausdauer. Bei den Geländewettbewerben (Cross-Country, Uphill und Downhill) müssen starke Steigungen und Gefälle bezwungen werden. Die Radler müssen natürliche Barrieren wie Felsen und Bachläufe überspringen und künstliche Hindernisse wie Schanzen und Wippen bewältigen. Auf dem Trial-Parcours zeigen die Einradfahrer halsbrecherische Sprünge, beim "Stillstand" auf einer 9 mal 15 Zentimeter großen Fläche im Stand balancieren - der Weltrekord liegt bei mehr als vier Minuten.

Nachteil für den Teilnehmer aus Krauel: "Eigentlich braucht man für jede Disziplin ein spezielles Rad." Ein Dutzend Modelle hängen bei ihm im Schuppen. Für den Flug nach Montreal aber musste Malte Kompromisse machen. "Ich habe mir ein Allround-Rad zusammengestellt." Das Hightech-Gerät mit 3,8-Zoll Fat-Tire aus Silikon, Titangabel, einer Schlumpf-Nabe mit Planetengetriebe und Scheibenbremse kostet 2500 Euro.

Genauso wesentlich seien aber die Fertigkeiten des Sportlers. "Man braucht besondere Fitness und einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn", meint Malte "Schade ist nur, dass wir die Disziplinen Downhill und Uphill in Norddeutschland kaum trainieren können." Die acht Hamburger Gelände-Profis treffen sich gern mal in den Harburger Bergen. Für die WM hat Malte sich in den Alpen vorbereitet.

Fast noch wichtiger als der sportliche Erfolg ist für Malte die "Community". In Deutschland gibt es nur rund 100 Gelände-Fahrer. "Der Kreis ist überschaubar, alles verrückte Typen." Man tauscht sich aus, gibt sich sogar gegenseitig Technik-Tipps, statt Vorteile allein zu nutzen. Malte ist durch das Einradfahren sogar Vegetarier geworden. "Komisch, aber mehr als die Hälfte der Fahrer isst kein Fleisch."

Maltes Traum: vom Einradfahren leben können. "Das können in Deutschland aber nur zwei Fahrer." Jetzt, nach Abschluss der Realschule, beginnt er erstmal eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. "Ein Sponsor wäre cool, dann könnte ich das Einradfahren weiter ernsthaft betreiben." Dann korrigiert er sich: "Ernsthaft geht eigentlich nicht, Einradfahren ist in erster Linie ein großer Spaß."