Windstrom im Gasnetz speichern

Am Allermöher Deich 449 forscht E.on Hanse für die Energiewende. In zahlreichen Projekten werden neue Möglichkeiten der Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung getestet. Unter anderem wird regenerativ erzeugter Strom in einer Spezial-Batterie gespeichert. Dadurch kann das Info-Zentrum auf dem Gelände auch an Tagen ohne Sonne versorgt werden. Der restliche Strom fließt in das Netz ein. Wind wird ab Herbst weitere Energie liefern, denn dann wird ein hochmoderner, nur fünf Meter hoher Windgenerator auf dem Gelände aufgebaut.

Das bedeutsamste Projekt aber hat den Namen "Power to gas". Es soll künftig überschüssigen Windstrom im Erdgasnetz speichern, das so zum riesigen Grünstrom-Akku wird. Ursprünglich sollte der Probebetrieb nach einjähriger Bauzeit im Herbst beginnen. Doch die Forschungsarbeiten ziehen sich in die Länge. Im Frühjahr 2015 soll die Anlage, die weltweit ihresgleichen sucht, startklar sein. "Sie wird ausgiebig getestet", sagt Projektleiter Thomas Brauer.

Mit "Power to gas" sollen zwei Grundprobleme der Energiewende gelöst werden: Der Transport von Energie aus dem windreichen Norden in den Süden und die Speicherung überschüssiger Energie in Mengen. "Pumpspeicherwerke sind die besten Stromspeicher, aber wir haben in Deutschland zu wenig Berge", sagt Brauer. Er fügt hinzu, dass in einer Gaskaverne (Salzstock) genauso viel Energie (durch Windstrom erzeugter Wasserstoff) gespeichert werden kann wie in den zwei Dutzend deutschen Pumpspeicherwerken zusammen.

In Reitbrook soll Windstrom die Energie liefern, um mithilfe eines Elektrolyse-Systems effizient Wasserstoff zu erzeugen. In dieser Form kann überschüssige Energie ohne große Verluste bewahrt werden. Ein Elektrolyse-Stack spaltet Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff kann dann ins bestehende, 400 000 Kilometer lange Gasnetz gespeist, dem Gas im Verhältnis zwei zu 98 beigemischt, dort gespeichert und Hunderte Kilometer weit transportiert werden.

Der Elektrolyse-Stack wird den Umfang einer großen Waschmaschine haben. Neu ist nicht nur die geringe Größe: Er arbeitet auch ohne Chlor und Alkalistoffe. Die Maschine, die derzeit in Gladbeck und Kanada von Mitarbeitern der Firma Hydrogenics gebaut wird, kann stündlich ein Megawatt Strom in 265 Kubikmeter Wasserstoff umwandeln. "Es handelt sich um die weltweit effizienteste Anlage dieser Art", sagt Brauer. Er geht davon aus, dass sie "Weltstandard" wird. In Reitbrook wird die Elektrolyse auch nach der Probezeit weiter betrieben.

"Ich bin davon überzeugt, dass wir uns bis 2050 zu 100 Prozent selbst mit erneuerbaren Energien versorgen können. Allerdings müssen wir bis dahin dann auch alles mit Windrädern zupflastern", sagt Brauer. Forschungsanlagen wie die in Reitbrook müssten nun im Hochbetrieb laufen, "damit wir in zehn, fünfzehn Jahren optimale Anlagen im großen Stil bauen können", betont Brauer.