HSV-Fans auf dem Lande leiden wie nie zuvor - und erinnern sich an goldene Zeiten

Wenn der HSV ein Spiel gewonnen hat, sind im Landgebiet in zahlreichen Ecken die blau-weiß-schwarzen Fahnen gehisst, etwa am Neuengammer Hausdeich und am Kirchwerder Hausdeich. "Unsere Flagge ist immer gehisst", sagt Ingo Dahms (42) und fügt hinzu: "Das wird auch so bleiben, wenn der HSV in der zweiten Liga spielt." Der Rettungsassistent, der mit Frau und Kind am Neuengammer Hausdeich in Curslack lebt, ist - wie etliche weitere Vier- und Marschländer - seit seiner Kindheit Fan des Hamburger Fußballvereins. An eine so schmerzhafte Zeit wie jetzt kann er sich nicht erinnern.

Wenn nach einem Sieg auch die Flaggen der Nachbarn gehisst sind, steht Dahms' Sohn Liam (17 Monate) am Fenster und staunt - gekleidet in sein HSV-Trikot und mit Schnullerband in Vereinsfarben in den Händen. "Sobald er etwas größer ist, werden wir mit ihm ins Stadion gehen", sagt der stolze Vater. Für Dahms war es als Kind das Größte, dort selbst zu spielen: "Wir haben mit der Jugendmannschaft des MSV Hamburg 1982 gegen die HSV-Jugend gespielt - im Volksparkstadion, im Vorprogramm eines Bundesligaspiels gegen Bochum. Die Partie haben wir 16:0 verloren." Seitdem ist Dahms "so richtig HSV-Fan". Denn nach dem Spiel durften der kleine Ingo und seine Kumpels zu den Stars in die Kabine: "Da haben wir Horst Hrubesch, Kevin Keegan, Felix Magath und Franz Beckenbauer die Hand geschüttelt. Wir haben uns die Hände wochenlang nicht gewaschen", sagt der Curslacker und lacht.

Zu Hause haben Anja (44) und Ingo Dahms Sky, gucken dort fast alle Spiele ihres Vereins. Die gesamte direkte Nachbarschaft sei auf der Seite der Blau-weiß-schwarzen. "Nur unser Schwiegersohn, der mit seiner Frau hier im Haus lebt, hat einen schweren Stand. Er ist Bremen-Fan", sagt der 42-Jährige. Er weiß sogar von FC-Bayern- und FC-St.-Pauli-Flaggen in Vorgärten, die nicht so weit entfernt sind: "Aber die werden hier lediglich geduldet. Das macht schon Sinn, dass diese Grundstücke eingezäunt sind", sagt Dahms und lächelt.

Der Familienvater geht davon aus, dass der HSV den Klassenerhalt verpasst. Seine Liebe zu dem Fußball-Dino wird das nicht schmälern. "Ich trage die Raute im Herzen."

Ähnlich äußert sich Michael Meyer (46), der vor seinem Haus am Kirchwerder Landweg stets eine HSV-Flagge gehisst hat. "Das bleibt auch in der zweiten Liga so", sagt er. Der Erzieher vermutet ebenfalls den Abstieg: "Die Verunsicherung in den Köpfen der Spieler ist zu groß." Mit Blick darauf, wie sie sich präsentieren, sei die zweite Liga "allerdings verdient", betont Meyer.