Gammer Weg: Tempomessung auf der Schlaglochpiste erhitzt die Gemüter

. Jutta Kröger (57) fährt täglich über den Gammer Weg. Auf der etwa drei Kilometer langen Straße darf wegen der vielen Schlaglöcher nur noch Tempo 30 gefahren werden. Jutta Kröger, die am Altengammer Elbdeich lebt, muss nun ihren Führerschein abgeben. Sie war - wie zwölf weitere Autofahrer auch - am 12. Dezember deutlich zu schnell unterwegs, wurde von der Polizei gestoppt.

Alle 13 Fahrer sollen mindestens 31 km/h zu schnell gewesen sein. Laut Messung fuhr Jutta Kröger - abzüglich des Toleranzwertes - 63 Stundenkilometer. Sie empfindet die Geschwindigkeitsmessung als Schikane: "Der Gammer Weg ist doch kein Unfallschwerpunkt.Tempo 30 gilt, damit die Stadt nicht in die Pflicht genommen werden kann, falls aufgrund der Schlaglöcher Schäden am Fahrzeug entstehen."

Weitere Autofahrer, die ebenfalls auf Post von der Bußgeldstelle warten und befürchten, nach spätestens vier Monaten den "Lappen" für vier Wochen abgeben zu müssen, lassen sich juristisch beraten. Sie wollen nicht mit Namen in der Zeitung auftauchen. Eine 56-jährige Bürokauffrau aus Curslack arbeitet in der City-Nord: "Weil ich auf dem Weg mit Bus und Bahn mehrmals umsteigen muss, werde ich täglich mindestens zweieinhalb Stunden unterwegs sein." Vor allem abends, wenn sie erst um 19 Uhr ihr Büro verlässt, wird es problematisch: "Die Busse vom Bahnhof nach Curslack fahren dann höchstens alle Stunde."

Kurz nachdem sie von der Polizei angehalten worden war, fuhr die 56-Jährige über den Gammer Weg zurück - "mit knapp 40 km/h. In dieser Zeit haben mich acht Autos überholt." Sie wundert sich, dass der Bezirk die Sanierung der Straße nicht längst in Angriff genommen hat. Die Tempo-30-Schilder wurden vor über einem Jahr aufgestellt. "Als Privatperson kann ich doch auch nicht bei Glatteis ein Schild aufstellen 'Achtung - hier ist nicht gestreut'."

Ein 39-jähriger Geesthachter, der ebenfalls seinen Führerschein abgeben soll, wundert sich über den Ort der Geschwindigkeitsmessung: "Das war etwa auf der Hälfte des Gammer Wegs. Dort wohnt kein Mensch. In dem bewohnten Abschnitt könnte ich so eine Aktion nachvollziehen."

Der Geesthachter, der in Altengamme arbeitet, wird künftig in den Bus steigen müssen. "Der fährt nur alle Stunde", sagt er. Kundenbesuche und Montage-Einsätze kann sich der Handwerker dann abschminken.

Tischlermeister Carl-Hermann Kröger, Ehemann von Jutta Kröger, wurde am 12. Dezember von seinen Kollegen gewarnt: "Ich wäre meinen Führerschein sonst auch los." Auch seine weiteren Mitarbeiter wussten schnell Bescheid: "Sonst könnte ich den Laden zu machen." Kröger ärgert sich besonders darüber, dass es für ihn und seine Nachbarn keine Möglichkeit gibt, schnell nach Bergedorf zu gelangen: "Der Neuengammer Hausdeich ist genauso verbeult. Dort ist ebenfalls Tempo 30 vorgeschrieben. Immerhin leben dort Menschen." Denn die Aktion am Gammer Weg kann er nicht nachvollziehen: "Dort sind doch fast keine Radfahrer und Fußgänger unterwegs. Warum misst die Polizei stattdessen nicht vor Schulen und Kitas?" Kröger ergänzt: "Statt für viel Geld überall Tempo-30-Schilder aufzustellen, sollte lieber mit der Sanierung begonnen werden. Dann wären schon mal 100 Meter geschafft."

Für mehr dürfte das Geld kaum reichen. Die Straßenbau-Experten im Bezirksamt gehen davon aus, dass die Instandsetzung der gesamten Straße mehr als 1 Million Euro kostet. Eine Sanierung ist für 2014/2015 nicht vorgesehen. "Notwendige Ausbesserungen sollen allerdings gemacht werden", sagt Sprecherin Martina Parlow. Wann, konnte sie nicht mitteilen. Ebenso wenig, ob danach wieder Tempo 50 gilt. Parlow: "Das wird die Polizei entscheiden."