Inhaftiert: Sozial-Training bereitet Gefangene am Dweerlandweg auf “draußen“ vor

In der Justizvollzugsanstalt Billwerder (JVA) sitzen derzeit etwa 560 Männer ein. Sie werden auch über Weihnachten hinter den hohen Mauern bleiben müssen. Da wird manchem besonders schmerzhaft klar, dass die Mutter oder Frau und Kind das Familienfest zu Hause allein ohne sie verbringen. "Ja", sagt auch Resit Y. (29), "aber da muss ich jetzt durch. Wenn ich wieder raus komme, will ich alle Weihnachten mit meiner Familie verbringen."

Der Familienvater, der in Billwerder wegen schwerer Körperverletzung einsitzt, ist voller Zuversicht, dass er nach der Haftentlassung wieder Fuß fassen kann in der Gesellschaft. Geholfen habe ihm dabei vor allem das soziale Training in der JVA, das er mit sieben anderen Häftlingen gerade beendet hat. Auch Niko T. (28) hat an den Kursen teilgenommen. Er sieht Gefängnismauern schon zum zweiten Mal von innen, sitzt wegen räuberischer Erpressung. Doch es soll das letzte Mal sein. "In der ersten Haftzeit war ich gegen alles und jeden, wollte mir von den Beamten nichts sagen lassen", erinnert sich der 28-Jährige. "Jetzt ist das anders. Ich nehme aus dem Training viel mit."

Das soziale Training nach der Methode von Manfred Otto wird seit 2011 in Billwerder angeboten. Dabei engagieren sich JVA-Beamte als soziale Trainer und versuchen, mit den Häftlingen Probleme in der Lebensbewältigung aufzuarbeiten, Handlungskompetenzen zu verbessern, Alltagssituationen zu meistern. Eine Psychologin unterstützt die Arbeit. Es geht in drei Themenblöcken um Rechte und Pflichten, Arbeit und Geld und soziale Beziehungen. Bei Themen wie Schulden sind auch externe Experten dabei.

Rollenspiele sind ein wichtiger Bestandteil der 15 etwa 90-minütigen Sitzungen, zu denen jede Woche jeweils acht Häftlinge mit den Trainern im Kirchenraum der Anstalt zusammenkommen. So wie Niko T. sind viele erst einmal skeptisch, wenn sie erfahren, dass die Rollenspiele auf Video aufgezeichnet werden. Doch das gibt sich schnell, macht dann sogar Spaß, die eigene Reaktion in einem gespielten Konflikt auf dem Video zu sehen und die Rückmeldung der anderen zu bekommen. Ein Meisterstück lieferte dabei ein Gefangener ab. In der Spielsituation "Nachbar beschwert sich über laute Musik" agierte der Sozialtrainer mit besonders provokativer und rassistischer Anmache. Damit hatte der Gefangene nicht gerechnet. Doch er flippte nicht aus, sondern "beruhigte mich als pöbelnden Nachbarn sogar noch und erklärte mir die ausländische Musik", erzählt der Beamte voller Anerkennung.

"Ich muss nicht immer die Beherrschung verlieren und weiß, wie ich aus einem Konflikt positiv herauskommen kann", sagt Niko T. am Ende des sozialen Trainings. Auch Resit Y. hat viel über sich gelernt: "Ich habe Schwächen, die ich draußen nicht gesehen habe. Aber ich will mich nie wieder so hängen und gehen lassen, nicht immer gleich schreien und besser mit Menschen umgehen."

Auch für die JVA-Beamten sind solche Sätze Balsam, denn sie sehen, dass ihre Arbeit Früchte trägt. Positiv ist auch die Bilanz: Von 32 Teilnehmern jährlich haben sie erst einen wieder in der JVA begrüßen müssen.