Tag des Handwerks: Besucher blickten in 30 Bergedorfer Betrieben hinter die Kulissen

Jan Korf sinkt in das Sitzmöbel. Ihm ist der Stolz auf das selbst gefertigte Holzfabrikat anzusehen: "Einen ganzen Monat habe ich daran gebaut", sagt er. Und der Sessel, den der 33-Jährige aus dem Bug eines alten Bootes gestaltete, könnte nicht besser zu ihm passen: Einst fiel es dem heutigen Chef von "woodendesign" am Billwerder Billdeich 56 schwer, sich zwischen den Berufswünschen "Tischler" und "Bootsbauer" zu entscheiden. So kann die Verschmelzung von Leidenschaften also aussehen.

Die Tischlerei "woodendesign" ist einer der über 30 Bergedorfer Handwerksbetriebe, die anlässlich des "Tags des Handwerks" ihre Türen für Interessierte geöffnet hatten. In ganz Hamburg boten mehr als 60 Betriebe ihren Besuchern einen Blick hinter die Kulissen. Die Gäste ließen sich erklären, wie mit Feinblechen umgegangen wird, Dächer gedeckt oder Brötchen gebacken werden. In der Tischlerei "woodendesign" hingegen demonstrierte Geselle Tim Bollens die Anfertigung einer Holzbank. Der Chef musste derweil die erste Nachfrage nach einem Praktikumsplatz beantworten. "Ich biete regelmäßig Praktika für Schüler an", sagt Korf. "Auch weil bei mir ein Ausbildungsplatz ohne Praktikum nicht zu haben ist." Zurzeit beschäftigt er neben zwei Gesellen nur einen "Azubi". Das könnte sich ändern: Hochwertige Tische, Regale, Sitzmöbel und auch Küchen und Bäder - vor allem aus Eichenholz - seien stark nachgefragt. Schon in Kürze will Korf deshalb auf dem elterlichen Grundstück anbauen. "Mir sind die Schulnoten von Bewerbern grundsätzlich egal. Ich muss aber sehen, dass sie für diesen Beruf brennen", betont der Tischlermeister. Er selbst habe schon mit acht Jahren sein erstes Baumhaus zusammengehämmert. Schnell wurde er anspruchsvoller: "Ich wollte immer feine, exquisite Unikate bauen."

"Wer kreativ ist, sollte nicht in einer Änderungsschneiderei anfangen", sagt Elke Busch zu den Ausbildungsmöglichkeiten in ihrer Branche. Seit 22 Jahren näht die gelernte "Damenoberbekeidungsnäherin" Gardinen und Vorhänge beim Raumausstatter Ewald Hamburg am Altengammer Elbdeich 119. "Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sind die Pfunde, mit denen Fachkräfte wuchern können. Wer etwa die Kalkpressspachteltechnik beherrscht oder weiß, welche Lacke garantiert keine Schadstoffe enthalten, kann Billiganbieter auskontern", sagt Geschäftsführer Christian Hamburg.

Wie es früher war, als Handwerker noch Zeit hatten, präsentierte indes Hamburgs Vater Ewald im Maler- und Lackierer-Museum am Billwerder Billdeich 72. "Unsere Ausstellungsstücke stammen aus zahlreichen Nachlässen, die der Innung angeboten wurden", sagt Ewald Hamburg. "Kaum einer weiß, dass Maler und Lackierer vor dem Ersten Weltkrieg auch Künstler waren." Und so konnten sich die Gäste anschauen, wie Kutschenmaler mit ruhiger Hand ganze Räder bemalten, Schriftmaler Plakate herstellten oder Tapeten bemalten. "Bis Ende der 60er-Jahre hat es noch zwölf Kunstmaler in Hamburg gegeben", sagt Ewald Hamburg.