Serie: Einblicke in die Geschichte und heutige Entwicklungen zum 825-jährigen Bestehen Altengammes

Sein 825-jähriges Bestehen feiert Altengamme vom 24. August bis zum 1. September. Eine kleine Serie gibt Auskunft über das Leben und den Wandel in dem Dorf an der Elbe. Manfred Dietrich berichtet heute über Handwerk und Kunst im Dorf.

Schon in der Bronzezeit vor 2000 Jahren wurde in Altengamme kunsthandwerklich gearbeitet. So wurden auf der Horst, dem Heidberg, Bronzeschwerter und Schmuckstücke gefunden. Wahrscheinlich ist dort ein Friedhof gewesen. Bei Abgrabungen von Sand für den Maiblumenanbau wurde auch ein aus Bronze getriebener Gürtel entdeckt.

Als dann wegen des Anstiegs des Nordseespiegels die Landschaft verschlickte, wird die Siedlung dort aufgegeben worden sein. Es hat wohl 1000 Jahre gedauert, bis sich das Wasser wieder zurückzog. Erst dann hat sich die Besiedelung ergeben. Die ersten Anwesen werden auf Warften errichtet worden sein. In dem vom Verkehrsstrom abgeschiedenen Gebiet hat sich eine eigene Handwerkskunst entwickelt.

Vorbilder für handwerkliches und gestalterisches Geschick ergaben sich aus der Liebe zur Natur und Heimat, Blumen, Pflanzen und Vögel. Zudem brachten wandernde Handwerker Anregungen mit. So haben die Zimmerleute, die niederdeutschen Fachhallenhäuser, Turmspeicher und die Mühlen geschaffen. Die Windmühlen damals dienten als Schöpfmühlen der Entwässerung der Ländereien. Die Fachwerke der Häuser wurden von den Maurern kunstvoll gestaltet. Die Ziegelziermuster sind noch heute an den alten Hufnerhäusern sichtbar. Glaser schufen Schmuckfenster mit Wappen-, Blumen- und Vogelmotiven, wie sie auch heute teilweise noch erhalten sind. Genauso wurden Kacheln bemalt und gebrannt. Die Maler haben Möbel bemalt und auch die Wohnstuben. Diese sind ebenfalls in den alten Häusern noch erhalten. Zudem wirkten in Altengamme viele Intarsientischler.

Über den Ort hinaus bekannt wurde beispielsweise der Künstler Julius Kiehn (1884-1918), der auch für Prof. Justus Brinckmann, Leiter des Museums für Kunst und Gewerbe, gearbeitet hat. Desgleichen hat Georg Hövermann - ebenfalls vom Altengammer Elbdeich - viel geschaffen. Truhen, Stühle, Tische und auch Wiegen für die Kinder sind noch heute in den Häusern zu sehen. Vieles wurde durch Vererbung in den Familien erhalten.

Geballte Vierländer Kunst präsentiert die St.-Nicolai-Kirche. 1747 wurde sie durch ein fürchterliches Unwetter verwüstet, wurde aber in heutigem Stil wieder aufgebaut. Den Barockstil brachten die wandernden Handwerker nach Altengamme. Die Intarsien im Gestühl geben Zeugnis von dem hohen Stand ihres Könnens. Desgleichen wurden Hutständer von den Schmiedefamilien Barnstorf und Hilmer und anderen Handwerkern des Dorfes und der Nachbarschaft gefertigt. Der Altar, die Emporen, das Gestühl, fast alles wurde von Altengammern gestiftet und von heimischen Handwerkern geschaffen. Durch wiederholte Restaurierungen mit Hilfe des Denkmalschutzes, zuletzt 1998 bis 2004, ist alles gut erhalten. Der "Förderverein zur baulichen Erhaltung unserer Kirche" hat vieles ermöglicht.

Außerdem gibt es noch sehr alte Kissen in der Kirche. Sie waren dem "Häkelbüdelklub" Anregung, sie nach den alten Motiven zu ergänzen. Die Damen dieses Handarbeitskreises halten die alten Muster am Leben. Desgleichen hat sich ein Kreis gebildet, der sich um die Intarsien bemüht. Schön, dass Traditionen so weiterleben.